Spezialkabel im Maschinenbau - Arten von Anschluss- und Steuerleitung und ihre Einsatzgebiete in der Industrie

In der Industrie sorgen Kabel und Leitungen für eine sichere und effiziente Signal- und Energieübertragung. Doch welche Leitung eignet sich für welchen Einsatz? Ob Energieleitung, Datenkabel oder Hybridlösung – die richtige Wahl hängt von Faktoren wie Flexibilität, Isolationsmaterial, Abschirmung und der Einhaltung (inter-) nationaler Standards ab. In diesem Beitrag stellen wir Ihnen verschiedene Leitungs- und Kabelarten in der Übersicht vor, gehen auf ihren Aufbau ein und geben Ihnen eine Entscheidungshilfe für die Auswahl von Leitungen.

Arten von Leitungen

Sowohl Kabel als auch Leitungen dienen der Übertragung von Signalen, Daten und elektrischer Energie. Wozu also die beiden Begriffe? Im englischsprachigen Raum z.B. wird die Unterscheidung nicht getroffen; alles läuft unter dem Begriff „cable“. Eine saubere technologische Trennung gibt es nicht. Möchte man dennoch eine Charakterisierung treffen, werden nach VDE Kabel als ein Unterbegriff der Leitungen genannt. Sie müssen speziellen Anforderungen wie z. B. der Anforderung für „Verlegung im Erdbereich“ genügen. Generell wird in drei Arten von Kabeln bzw. Leitungen unterschieden:

  • Energieleitungen übertragen elektrische Energie.
  • Signal- und Steuerleitungen übertragen elektrische Signalzustände
  • Datenleitungen übertragen elektrische Signalzustände, mit höherer Datenrate als z.B. Signalleitungen
  • Hybridleitungen kombinieren die Übertragung von elektrischer Energie und Daten.

Steuerleitungen im Detail

Die Bezeichnung Steuerleitung bezieht sich auf Leitungen, die für die Übertragung von Steuersignalen (sowohl analog als auch digital) zwischen einem Steuergerät und einer verbauten Komponente innerhalb einer Anlage oder Maschine spezialisiert wurden. Ein typisches Einsatzgebiet für Steuerleitungen ist die automatisierte Industrie, wo sie zur Signalübertragung und Energieversorgung kleinerer Anwendungen verwendet werden. Zur Übertragung unterschiedlicher Steuersignale enthält die Steuerleitung in der Regel mehrere Adern. Die Adern sind zur einfachen Installation und Identifizierung farblich codiert.

Aufbau von Kabeln und Leitungen

Der grundlegende Aufbau von Kabeln und Leitungen besteht aus mehreren isolierten elektrischen Leitern, die von einer äußeren Schutzhülle umfasst sind. In Leitungen gibt es oft weitere Schichten, z.B. metallische Mantelschichten zur Abschirmung. Die Ummantelung ist ein entscheidender Faktor, um vor mechanischen oder chemischen Belastungen sowie Temperatureinflüssen zu schützen. Die Auswahl des Mantelmaterials ist entscheidend für die Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der Leitung und richtet sich nach den spezifischen Einsatzbedingungen. PVC (Polyvinylchlorid) ist z.B. bei chemischer Belastung eine gute Wahl, bei Nähe zu mineralischen Ölen eignet sich PUR (Polyurethan) besser. Für die Verlegung von Steuerleitungen im Erdreich ist das Mantelmaterial ggf. verstärkt mit einem geschlossenzelligem Außenmantel, der eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Druckbelastungen bietet.

Erfahren Sie nun, wie Sie die richtige Auswahl an (Steuer-) Leitungen treffen.

Auswahl von Leitungen

Steuerleitungen und Anschlussleitungen müssen verschiedenen Herausforderungen gegenüber bestehen. Torsion, dynamische Bewegung oder Zugbelastung sind nur einige dieser Herausforderungen. Bei der Auswahl müssen die folgenden Umgebungsbedingungen und Einflussfaktoren beachtet werden.

Installationsart und das Problem mit Biegung und Torsion

Grundsätzlich werden Kabel und Leitungen entweder beweglich in flexibler oder fest fixiert in statischer Umgebung verwendet. Gerade beim Einsatz in Bereichen mit bewegten Anwendungen gibt es erhöhte Anforderungen an die Flexibilität und Bruchsicherheit der Kabel und Leitungen.

Eine Belastung der Kabel und Leitungen auf Torsion, d.h. die Verdrehung um die eigene Achse, ist dabei generell zu vermeiden.  Biegungen sind in Abhängigkeit des gewählten Kabeltyps bzw. der verwendeten Leitung jedoch oft zu einem gewissen Grad zulässig. Näheres zum Thema Torsion finden Sie in unserem Techblog Torsion: Wie man eine Verdrehung versteht.

In automatisierten Anwendungen und Robotersystemen müssen Steuerleitungen eine Vielzahl an Biegezyklen ohne Materialermüdung durchlaufen können. Steuerleitungen aus PUR sind dabei besonders flexibel. Diese flexiblen Steuerleitungen können sowohl in der festen Verlegung bei hoher mechanischer Beanspruchung eingesetzt werden als auch in flexiblen Anwendungen mit häufiger Bewegung. Ein Beispiel für den Einsatz in statischer Umgebung wäre die Hausinstallation, wo die Kabel einmal fest verlegt werden und dann in der Regel an ihrem Platz bleiben.

Flexible Steuerleitungen können zum Schutz vor Überbeanspruchung auch in sogenannten Energieketten verwendet werden. Energieketten oder auch Schleppketten dienen der sicheren Führung von flexiblen Leitungen in bewegten Anlagenteilen über eine festgelegte Strecke. Sie verhindern Quetschungen und Abrieb an Leitungen, die immer in Bewegung sind. Außerdem vermeiden sie das Verheddern von mehreren Leitungen nebeneinander.

Energieketten bei MISUMI
Energieketten bei MISUMI
Energiekette im Einsatz
Energiekette im Einsatz
Spezialkabel für Energieketten
Spezialkabel für Energieketten

Mehr zum Thema Energieketten können Sie auch in unserem Artikel "Kabelbruch vermeiden - Geführte Kabel / Energieketten" nachlesen.

Ummantelung / Abschirmung

Die Ummantelung von Kabeln dient dem Schutz der inneren Leiter vor mechanischen Einflüssen, Feuchtigkeit und chemischen Substanzen. Gerade in anspruchsvollen Umgebungen ist der Schutz vor Korrosion und Erosion entscheidend. Je nach Einsatzgebiet werden Materialien wie Polyvinylchlorid (PVC), Polyurethan (PUR) oder Polyethylen (PE) verwendet.

Eine zusätzliche Abschirmung, beispielsweise durch ein metallisches Geflecht, reduziert die Anfälligkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen erheblich.

Beispiel für ein metallisches Geflecht bei einer geschirmten Steuerleitung
Beispiel für ein metallisches Geflecht bei einer geschirmten Steuerleitung

Durch die Abschirmung werden sowohl externe Störeinflüsse minimiert als auch die Emission von Störungen auf andere Geräte reduziert. Bei MISUMI gibt es geschirmte Steuerleitungen für diverse Anwendungen. Diese lassen sich bei widrigen Umgebungsbedingungen, z.B. in einem Temperaturbereich von -40 °C bis + 80 °C (PUR), einsetzen. Beim Einsatz in kalten Bereichen weisen zum Beispiel PUR-Steuerleitungen im Vergleich zu vielen anderen Materialien eine höhere Flexibilität auf.

Leitungen: Was ist ein elektrischer Leiter?

Ein elektrischer Leiter ist ein Material in dem elektrischer Strom fließen kann. Meist wird das elektrisch sehr gut leitende Material Kupfer verwendet.

Wird dieses als Draht gezogene Material nun als einzelner Draht mit einer Isolierung versehen, wird es als eindrahtiger Leiter bezeichnet. Werden mehrerer Drähte verwendet und mit einer gemeinsamen Isolierung versehen, spricht man von einem mehrdrähtigen Leiter. Nach der möglichen Verwendbarkeit des Leiters wird zusätzlich in starre und flexible Leiter unterschieden. Starre Leiter sind üblicherweise eindrahtig. Im Gegensatz zum starren Leiter sind flexible Leiter in der Regel mehrdrahtig. Meist sind die im flexiblen Leiter verwendeten Kupferdrähte noch zusätzlich miteinander verdrillt.

Eine elektrische Leitung besteht in der Regel aus mehreren jeweils einzeln isolierten elektrischen Leitern, in dieser Kontext auch Adern genannt, welche gemeinsam von einer gemeinsamen Isolierung (Mantel) umschlossen sind.

Aufbau einer Steuerleitung

In Steuerleitungen ist in der Regel eine Kupferader verbaut, die aufgrund ihrer guten elektrischen Leitfähigkeit verwendet wird. Für bessere Lötbarkeit und Korrosionsbeständigkeit ist diese zusätzlich verzinnt. Die einzelnen Adern werden in der Regel in Lagen verseilt, wobei die Schlaglänge – also die Länge einer vollständigen Umdrehung der Verseilung – die Flexibilität und die mechanische Belastbarkeit der Leitung beeinflusst. Eine kürzere Schlaglänge führt zu höherer Flexibilität, während eine längere Schlaglänge die Stabilität erhöht.

Innerer Aufbau einer Leitung mit mehreren Adern
Innerer Aufbau einer Leitung mit mehreren Adern

Halogengehalt

Halogene, wie z.B. Fluor, Chlor oder Iod (Jod), werden traditionell bei der Kabelherstellung verwendet, um die Flammwidrigkeit der Ummantelung zu erhöhen. Sollte es jedoch tatsächlich zum Brandfall kommen, haben sie einen großen Nachteil: Sie setzen in hohem Maße toxische Gase frei. Halogenfreie Leitungen gewinnen aus diesem Grund zunehmend an Bedeutung, vor allem in sicherheitskritischen Bereichen wie Industrieanlagen. Bei der Auswahl von Kabeln und Leitungen ist daher unbedingt auch der Halogengehalt zu berücksichtigen.

Weitere Auswahlkriterien

Weitere Auswahlkriterien für die Auswahl von Leitungen und Kabeln können sein:

  • Regionale Zulassung: Die regionalen Normen und Zulassungen sind einzuhalten, siehe dazu den nachfolgenden Abschnitt zu den weltweiten Standards.
  • UV-Beständigkeit: Bei direkter Sonneneinstrahlung sollte das Mantelmaterial zur Verhinderung vorzeitiger Alterung oder Versprödung UV-beständig sein.
  • Ölbeständigkeit: Bei erwartetem Ölkontakt sollte das Material ölbeständig sein.
  • Geprüfte Komponenten: Die Kabel sollten entsprechend der geforderten Nennspannung, Prüfspannung und Strombelastbarkeit ausgewählt werden.
  • Übertragungsdistanz: Die maximale Übertragungsdistanz ist zu berücksichtigen, um Signalverlusten vorzubeugen.
  • Reinraumqualifizierung: Im Reinraum gelten besondere Anforderungen an die Partikelemission und chemische Beständigkeit.

Weltweite Standards

Für Kabel und Leitungen gelten weltweit verschiedene Standards. Neben den regionalen Standards gibt es auch überregionale Standards. Das Einhalten dieser Standards ist dabei auch unerlässlich für die Zulassung von Maschinen und Anlagen, in denen die Leitungen verbaut werden.

In Europa gilt der Zertifizierungsstandard HAR (Harmonized Approval Mark). Für Produkte mit dem HAR-Zeichen gilt, dass sie einer einheitlichen Qualitätssicherung unterzogen wurden. Sicherheit, Brandverhalten sowie mechanische Festigkeit werden dabei betrachtet und bewertet. Sobald ein Kabel mit dem HAR-Zeichen versehen ist, kann es problemlos innerhalb der EU vertrieben werden. In Deutschland gelten weiterhin gewisse VDE-Normen. Kabel und Leitungen werden hiernach nicht nur auf Sicherheit geprüft, sondern auch inwieweit sie in bereits bestehenden elektrischen Systemen einsetzbar sind. VDE-Normen finden ihre Anwendung auch über Deutschland hinaus.

Hier eine Auswahl an gültigen VDE-Normen:

• DIN VDE 0100-510: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Allgemeine Bestimmungen
• DIN VDE 0100-520: Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Kabel- und Leitungsanlagen
• DIN VDE 0298-565-1: Leitfaden für die Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen mit einer Nennspannung nicht über 450/750 V
• DIN VDE 0298 Teil 4: Verwendung von Kabeln und isolierten Leitungen für Starkstromanlagen

 

Die VDE 0100-510 legt z.B. fest, in welchen Farben Leiter gekennzeichnet werden.

• Schutzleiter = grün-gelb
• Neutralleiter = Blau
• Außenleiter = Braun, Grau oder Schwarz (Mehrere Außenleiter dürfen nicht dieselbe Farbe haben)

Beispiel für PUR-Leitungen mit Farbcodierung
Beispiel für PUR-Leitungen mit Farbcodierung

In den USA bestätigt die Organisation "Underwriters Laboratories" (UL) das Einhalten von eigenen Sicherheitsstandards. In erster Linie wird Sicherheit und Brandverhalten von Kabeln und Leitungen getestet. Bestehen die Kabel den Test, erhalten sie die UL-Zertifizierung, die den Vertrieb von Kabeln in Kanada und den USA vereinfacht. In Kanada regelt außerdem die CSA-Norm den kanadischen Standard. Auch hier stehen Sicherheitsaspekte von elektrischen Produkten im Vordergrund.

Für eine zukunftsorientierte Produktion ist es wichtig, dass Kabel mehreren Normanforderungen genügen, damit sie international auf den Markt gebracht werden können.