Massenschwerpunkte berechnen - Mit Beispielen

Die Berechnung des Massenschwerpunkts, auch Massenmittelpunkt genannt, ist ein wichtiger Schritt bei vielen Aufgabenstellungen in der technischen Mechanik und bei der Auslegung von Maschinen und Bauteilen. Der Massenschwerpunkt gibt an, wo sich das Gewicht eines Körpers konzentriert und ermöglicht damit die Bestimmung von Kräften und Momenten im System. In diesem Artikel werden wir uns mit den Grundlagen zur Berechnung des Massenschwerpunkts beschäftigen sowie einige Beispiele aus der Praxis betrachten.

Was ist der Massenschwerpunkt?

Der Masseschwerpunkt bzw. Schwerpunkt ist jener Punkt, an dem sich das gesamte Gewicht eines Körpers konzentriert. Er wird bestimmt durch die Lage aller Einzelmassen innerhalb des Systems sowie deren Abstände zum Ursprungspunkt.

Der Massenmittelpunkt ist der „Angriffspunkt“ der Schwerkraft. Das Objekt verhält sich im Schwerefeld (Gravitationsfeld) wie eine Punktmasse.

Wichtig - Der Masseschwerpunkt kann auch außerhalb des Körpers liegen. Zum Beispiel bei Halbkugel-Schalen. Ein Drehmoment ist wirkungslos, wenn es am Schwerpunkt angreift.

Bei homogenen Körpern (d.h. überall gleiche Dichte) stimmt der Massenmittelpunkt mit dem geometrischen Schwerpunkt (Volumenschwerpunkt) überein - diese Körper sind sozusagen triviale Einzelmassen. Dadurch kann der Schwerpunkt von homogenen Körpern am einfachsten ermittelt werden.

Homogener Körper (Kugel), mit gleichmäßig verteilter Dichte
Homogener Körper (Kugel), mit gleichmäßig verteilter Dichte
Homogener Körper (Halbkugelschale), mit gleichmäßig verteilter Dichte
Homogener Körper (Halbkugelschale), mit gleichmäßig verteilter Dichte

Das Gegenteil von homogenen Körpern sind sog. inhomogene Körper - Sie weisen in den Körperabschnitten unterschiedliche Dichten auf. Sie können nicht als Einzelmassen angesehen werden. Solche Körper müssen in geeignete Einzelmasse aufgeteilt, einzeln berechnet und schlussendlich wieder zum Gesamt-System zusammengeführt werden.

Die Berechnung des Masseschwerpunkts ist in vielen technischen Anwendungen von Bedeutung.

Ein Beispiel wäre die Konstruktion einer Maschine und deren Bauteile: Hier muss der Schwerpunkt der Bauteile so gewählt werden, dass die Gesamtmaschine stabil und sicher steht sowie deren Bauteile möglichst gut „ausbalanciert“ sind.

In technischen Zeichnungen wird der Schwerpunkt mit dem Schwerpunkt-Symbol bzw. der Schwerpunktmarkierung angegeben.
In technischen Zeichnungen wird der Schwerpunkt mit dem Schwerpunkt-Symbol bzw. der Schwerpunktmarkierung angegeben.

Methoden zur Berechnung des Massenschwerpunkts

Es gibt verschiedene Methoden zur Bestimmung des Masseschwerpunkts je nach Geometrie und Verteilungsform der Masse (Dichten) im System.

  • Für homogene Körper kann man den Volumenschwerpunkt als Schwerpunkt wählen, wenn alle Dichten gleichmäßig verteilt sind.
  • Für inhomogene Körper muss der Massenschwerpunkts unter Berücksichtigung aller Punktdichten ermittelt werden.

Allgemein gilt - Der Schwerpunkt lässt sich berechnen als Summe aller Teilmassen multipliziert mit ihren jeweiligen Abständen zum Ursprung geteilt durch die Gesamtmasse. Dabei wird der Körper in finite (endlich) viele Teilmengen zerlegt.

Moderne CAD-Programme oder FEM-Programme (Finite-Elemente-Methode) bieten solche Berechnungs-Methoden für den Massenmittelpunkt standardmäßig an.

Massenschwerpunkt und Volumenschwerpunkt

Beim Volumenschwerpunkt werden Massen bzw. Dichten des Körpers nicht beachtet. Somit ist der Volumenschwerpunkt ein Sonderfall des Massenschwerpunkts, bei gleichmäßig verteilter Dichte im Objekt.

Die Berechnung des Massenmittelpunkts kann bei homogenen Körpern vereinfacht werden.

Aufwand und Nutzen der Berechnungen

Eine passende Teilung in Einzelmassen ist nicht immer trivial - vor allem bei ungleich verteilten Dichten. Solche Problemstellungen können sowohl rechnerisch als auch experimentell gelöst werden. Die Ergebnis-Genauigkeit ist erwartungsgemäß abhängig von der durchführbaren Berechnungstiefe bzw. der Messgenauigkeit. Ergebnisse können nur annäherungsweise ermittelt werden - daher sollte zwischen Aufwand und Nutzen abgewogen werden.

Masseschwerpunkte für homogene Körper

Für homogene Körper wie zum Beispiel einem Quader oder Zylinder lässt sich der Schwerpunkt einfach durch geometrische Überlegungen bestimmen.

Hierbei kann man auf Symmetrien zurückgreifen, um das Problem zu vereinfachen.

Seitenansicht - Homogener Körper (Zylinder), mit gleichmäßig verteilter Dichte
Seitenansicht - Homogener Körper (Zylinder), mit gleichmäßig verteilter Dichte

Der Masseschwerpunkt stimmt mit dem geometrischen Schwerpunkt überein und lässt sich einfach berechnen. In diesem Beispiel ist der Masseschwerpunkt gleichzeitig der Mittelpunkt der Kreisfläche und der projizierten Fläche des Rechtecks.

Masseschwerpunkte für unregelmäßig geformte Objekte bzw. inhomogene Objekte

Bei unregelmäßig geformten Objekten muss man jeden Punkt (Punkt-Dichte) einzeln betrachten und dessen Beitrag zur Gesamtmasse berechnet werden.

Dieser Ansatz wird auch als Integration bezeichnet.

Seitenansicht - inhomogener Körper (Polyeder), mit ungleichmäßig verteilter Dichte (helle Einfärbung für geringe Dichte - dunkle Einfärbung für hohe Dichte)
Seitenansicht - inhomogener Körper (Polyeder), mit ungleichmäßig verteilter Dichte (helle Einfärbung für geringe Dichte - dunkle Einfärbung für hohe Dichte)

Polyeder mit gleichmäßig verteilter Dichte

Der geometrische Schwerpunkt des Körpers wird berechnet, in dem der Körper in geeignete Teilkörper erlegt wird. Die Schwerpunkte dieser Teilkörper werden berechnet und dann über den Anteil der Fläche bzw. des Volumens gewichtet verrechnet.

Der geometrische Schwerpunkt liegt im Masseschwerpunkt.

Polyeder mit ungleichmäßig verteilter Dichte

Der geometrische Schwerpunkt des Körpers mit ungleichmäßig verteilter Dichte ist identisch mit dem geometrischen Schwerpunkt des Körpers mit gleichmäßig verteilter Dichte.

Der geometrische Schwerpunkt liegt nicht im Masseschwerpunkt.

Der Körper muss in geeignete Teilkörper zerlegt und deren Einzel-Schwerpunkte basierend auf der Form und der ungleich verteilten Dichte ermittelt werden.

Der Masseschwerpunkt wird aus den Teilkörpern unter Berücksichtigung der Körpervolumen und Körpermassen zusammengerechnet

(x_s,y_s,z_s) = \frac{1}{M}\sum_i(x_{si}, y_{si}, z_{si})\cdot m_i
  • M - Gesamtmasse
  • mi - Teilmasse
  • (xsi, ysi, zsi) - Schwerpunktkoordinaten des Teilkörpers 1 im raumfesten Koordinatensystem (x, y, z)
  • (xs, ys, zs) - Schwerpunktkoordinaten des gesamten Objekts im raumfesten Koordinatensystem (x, y, z)

Explizite Formel für Massenschwerpunkt

Wenn man immer feinere Zerlegungen vornimmt, werden Teilvolumen bzw. Teilmassen „gegen Null gehen“. Dadurch geht die obige Näherungs-Formel in ein Integral über.

Der Schwerpunkt kann damit sehr genau ermittelt werden:

x_s=\frac{1}{M}\int \int_V \int \rho (x,y,z)xdV
y_s=\frac{1}{M}\int \int_V \int \rho (x,y,z)ydV
z_s=\frac{1}{M}\int \int_V \int \rho (x,y,z)zdV
  • M - Gesamtmasse
  • p(x, y, z) - lokale Dichte des Materials
  • V - Volumen des Bauteils

Masseschwerpunkte für zusammengesetzte Systeme

Zusammengesetzte Systeme bestehen aus mehreren miteinander verbundenen Einzelkörpern, welche individuell ihren eigenen Schwerpunkt besitzen.

Um den gemeinsamen Schwerpunkt aller Teilobjekte zu finden, muss jeder dieser Punkte gewichtet mit seiner entsprechenden Masse in Betracht gezogen werden.

Beispiel-Rechnung: Gesamtschwerpunkt von 2 Teilsystemen

Ein System aus zwei unterschiedlich ausgeprägten Teilsystem wird zu einem Gesamtschwerpunkt zusammengefasst.

Beispielabbildung – Schwerpunkte von zwei Teilmassen
Beispielabbildung – Schwerpunkte von zwei Teilmassen
x_s=\frac{x_{s1}\times m_1+x_{s2}\times m_2}{m_1+m_2}
y_s=\frac{y_{s1}\times m_1+y_{s2}\times m_2}{m_1+m_2}
z_s=\frac{z_{s1}\times m_1+z_{s2}\times m_2}{m_1+m_2}
  • m1 - Masse des Teilkörpers 1
  • (xs1, ys1, zs1) - Schwerpunktkoordinaten des Teilkörpers 1 im raumfesten Koordinatensystem (x, y, z)
  • m2 - Masse des Teilkörpers 2
  • (xs2, ys2, zs2) - Schwerpunktkoordinaten des Teilkörpers 1 im raumfesten Koordinatensystem (x, y, z)
  • (xs, ys, zs) - Schwerpunktkoordinaten des gesamten Objekts im raumfesten Koordinatensystem (x, y, z)

Massenschwerpunkte experimentell bestimmen

Massenschwerpunkte können auch experimentell ermittelt werden. Experimentelle Messmethoden haben einige Vorteile gegenüber rein theoretischen Berechnungen:

  • Sie sind unabhängig vom Materialmodell,
  • sie berücksichtigen automatisch alle Fehlerquellen,
  • sie liefern eine direkte Messung, die nicht von Annahmen oder Schätzungen abhängt.

Schwingmethode

Die Schwingmethode basiert auf dem Prinzip der harmonischen Schwingungen. Hierbei wird ein Objekt an einem dünnen Draht aufgehängt und zum Schwingen gebracht. Durch das Messen der Periodendauer kann die Winkelgeschwindigkeit berechnet werden, aus welcher wiederum der Abstand zwischen Aufhängepunkt und Masseschwerpunkt ermittelt werden kann.

Vorteile

Nachteile

  • Einfache Durchführbarkeit
  • Geringe Kosten
  • Nur für kleine Objekte geeignet
  • Genauigkeit hängt stark vom Können der durchführenden Person ab

Waagemethode

Bei dieser Methode wird das zu untersuchende Objekt auf einer Plattformwaage platziert und dessen Gewicht gemessen. Anschließend wird das gleiche Verfahren mit einem zweiten Gewicht durchgeführt, um den Abstand zwischen beiden Punkten zu messen. Durch Multiplikation von Gewichtskraft mal Abstand ergibt sich schließlich eine Momentengleichung zur Bestimmung des Massenschwerpunkts.

Vorteile

Nachteile

  • Gute Genauigkeit
  • Für größere Objekte geeignet
  • Aufwendige Durchführbarkeit
  • Teure Ausrüstung notwendig

Kippmethode

Die Kippmethode basiert auf dem Prinzip der statischen Stabilität. Hierbei wird das zu untersuchende Objekt auf einer ebenen Fläche platziert und durch Verschieben von Gewichten an verschiedenen Positionen getestet, ob es kippt. Durch die Bestimmung der Schwerlinie kann anschließend auch der Massenschwerpunkt ermittelt werden.

Vorteile

Nachteile

  • Einfache Durchführbarkeit
  • Keine teure Ausrüstung notwendig
  • Nur für symmetrische Objekte geeignet
  • Geringe Genauigkeit