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Passungsarten und Toleranzen - Ein Überblick
In der Fertigungsindustrie sind Toleranzen und Passungen von entscheidender Bedeutung. Toleranzen definieren im technischen Sinne eine zulässige Abweichung von einer definierten Eigenschaft, wie beispielsweise einem Nennmaß. Sie dienen dazu, sicherzustellen, dass Produkte und Bauteile die erforderlichen Qualitätsstandards erfüllen.
Passungen und Toleranzen
In der Fertigung und Konstruktion werden Toleranzen in Maßtoleranz, Formtoleranz und Lagetoleranz unterschieden. Die Maßtoleranz definiert die zulässige Abweichung eines Bauteils von einem erwarteten Maß (Nennmaß) durch eine maximal zulässige Obergrenze und eine maximal zulässige Untergrenze. Jedes Bauteil wird mit einer gewissen Toleranz gefertigt. Wenn zwei Bauteile miteinander kombiniert werden sollen, entsteht ein Zusammenspiel der Toleranzfelder beider Bauteile. Die Verbindung von zwei oder mehr konstruktiven Elementen wird als Passung bezeichnet. Zum Beispiel bei einer Rundpassung handelt es sich um die Verbindung von Welle und Bohrung, die durch ihre Dimensionierung, Abmessungen und Toleranzen aufeinander abgestimmt sind. Die Passung bezeichnet dabei die mechanische Kontaktstelle, an der die Elemente zusammenwirken.
Passungsarten
Es gibt folgende Passungsarten:
- Spielpassung
- Übermaßpassung
- Übergangspassung
- (1) - Werkstück mit Bohrung
- (2) - Toleranzzone der Bohrung
- a - Unteres Grenzmaß der Bohrung
- b - Nennmaß der Bohrung
- c - Oberes Grenzmaß der Bohrung
- d - Toleranz der Bohrung
- e - Abweichung der Bohrung von Nennmaß (Nulllinie) ins Negative
- f - Abweichung der Bohrung vom Nennmaß (Nulllinie) ins Positive
Spielpassungen
Spielpassungen sind Passungen nach DIN-EN-ISO 286, bei denen das Mindestmaß der Bohrung größer oder im Grenzfall gleich dem Höchstmaß der Welle (c) ist. Beim Zusammenbau von Bohrung und Welle entsteht so immer ein Spiel. Eine Spielpassung kann in einigen Fällen notwendig sein, um thermische Ausdehnung, Montage- oder Betriebsbedingungen zu berücksichtigen. In Lageranwendungen führt eine Spielpassung beispielsweise immer dazu, dass die Wälzkörper oder Gleitflächen in den Lagern Bewegungsfreiheit haben. Beispiele sind:
- H8/d9 - viel Spiel, Vorhandensein einer Lücke
- H7/g6 - geringes Spiel, enger Spalt
- (1) - Werkstück mit Bohrung
- (2) - Toleranzzone der Bohrung
- (3) - Welle
- a - Unteres Grenzmaß der Bohrung (a1) / Welle (a)
- b - Nennmaß der Bohrung (b1) / Welle (b)
- c - Oberes Grenzmaß der Bohrung (c1) / Welle (c)
- d - Toleranz der Bohrung (d1) / Welle (d)
- e - Abweichung der Bohrung vom Nennmaß (Nulllinie) ins -
- f - Abweichung der Bohrung vom Nennmaß (Nulllinie) ins +
Übermaßpassungen
Übermaßpassungen, auch Presspassungen genannt, sind eine Passungsmethode in der mechanischen Konstruktion. Ein Bauteil wird absichtlich mit Übermaß gefertigt, sodass es stramm in das Grundmaß des Partnerbauteils passt.
Diese Presspassung sorgt für eine feste, unlösbare Verbindung zwischen einer Welle und einer Bohrung. Das Fügen ist nur mit großer Kraft und ggf. zusätzlichem Erwärmen möglich. Ein Beispiel ist die Passung H7/p6, welche mit Druck gefügt wird.
- (1) - Werkstück mit Bohrung
- (2) - Toleranzzone der Bohrung
- (3) - Welle
- (4) - Mindest-Übermaß
- (5) - Höchst-Übermaß
- a - Unteres Grenzmaß der Bohrung (a1) / Welle (a)
- b - Nennmaß der Bohrung (b1) / Welle (b)
- c - Oberes Grenzmaß der Bohrung (c1) / Welle (c)
- d - Toleranz der Bohrung (d1)
- e - Abweichung der Bohrung vom Nennmaß (Nulllinie) ins -
- f - Abweichung der Bohrung vom Nennmaß (Nulllinie) ins +
Übergangspassungen
Übergangspassungen sind eine Zwischenvariante aus Spielpassung und Übermaßpassung. Das heißt, je nachdem, wie die tatsächlichen Istmaße im Toleranzfeld liegen, ergibt sich eine Spielpassung oder eine Presspassung. Übergangspassungen lassen sich nicht mehr von Hand, aber z. B. mit leichtem Druck (Hammer) fügen. Beispiel ist H7/n6.
- (1) - Werkstück mit Bohrung
- (2) - Toleranzzone der Bohrung
- (3) - Welle
- a - Unteres Grenzmaß der Bohrung (a1) / Welle (a)
- b - Nennmaß der Bohrung (b1) / Welle (b)
- c - Oberes Grenzmaß der Bohrung (c1) / Welle (c)
- d - Toleranz der Bohrung
- e - Abweichung vom Nennmaß (Nulllinie) ins -
- f - Abweichung vom Nennmaß (Nulllinie) ins +
Passungssysteme
Passungssysteme wurden eingeführt, um die Anzahl der Toleranzen zu reduzieren und den Einsatz von Toleranzen in der Fertigung praktikabler zu machen.
Einheitsbohrung
Das Prinzip der Einheitsbohrung wird aufgrund seiner Einfachheit und Kosteneffizienz häufig angewendet, da es einfacher ist, den Außendurchmesser herzustellen als den Innendurchmesser. Die Bohrung wird immer mit dem gleichen Werkzeug hergestellt und nach dem ISO-Toleranzsystem toleriert. Die DIN EN ISO 286-1 und DIN EN ISO 286-2 bieten internationale Toleranzstandards für Maße und Passungen, um sicherzustellen, dass Bauteile passgenau gefertigt werden und den Qualitätsstandards entsprechen. Der Durchmesser der Bohrung wird nach dem ISO-Toleranzsystem toleriert, wobei die entsprechende Welle einer beliebigen Toleranzfeldlage zugeordnet wird. Einheitsbohrungen werden mit Großbuchstaben, wie z.B. H7, gekennzeichnet.
Einheitswelle
Beim System Einheitswelle wird sich bei der Tolerierung auf die Welle bezogen. Die Tolerierung erfolgt gemäß ISO-Toleranzsystem innerhalb eines h-Felds. Die Einheitswelle ist ebenfalls in der DIN EN ISO 286-1 definiert. Die zugehörige Toleranz wird in die Bohrung verlagert. Einheitswellen werden mit Kleinbuchstaben, z.B. h7, angegeben.
Einheitswellen sind weniger verbreitet, kommen aber z.B. bei Übertragungen mit langen Wellen zum Einsatz bzw. wenn eine entsprechende Welle vorgegeben und das führende Element ist.
Mehr Informationen zu Maßtoleranzen finden Sie im Blog Grundlagen von Maßtoleranzen und der Passungsauswahl.
Verschiedene Toleranzen
Toleranzen sind zulässige Abweichungen von Merkmalen eines technischen Bauteils oder einer Funktionsgruppe, innerhalb derer die Funktionssicherheit des Bauteils bzw. der Funktionsgruppe sichergestellt ist. Im Konstruktionsprozess sind speziell die geometrischen Toleranzen wichtig, welche sich auf die Abmessungen, die Form, die Lage, die Welligkeit und die Rauigkeit beziehen.
Doch warum braucht man Toleranzen? Bauteile werden maßstabsgetreu auf technischen Zeichnungen dargestellt. Theoretisch sind die Nennmaße dort ablesbar. Da es in der Realität bei der Herstellung der Bauteile aber immer Abweichungen von den Nennmaßen geben wird (eine hundertprozentig genaue Herstellung ist nicht möglich), müssen Toleranzen eingerechnet werden. Diese werden in der Regel funktionsbedingt festgelegt, d.h. schon bei der Konstruktion wird die künftige Verwendung, Umgebungsbedingungen und die Verbindung zu weiteren Bauteilen (Toleranzketten) berücksichtigt. Bei der Angabe von Toleranzen können entweder die zulässigen Abweichungen (Abmaße) direkt angegeben werden, oder die Toleranzfelder. Bei Form- und Lagetoleranzen werden die tolerierten Parameter mittels der entsprechenden Symbole lt. Norm angegeben.
Anwendbare Normen für Toleranzen (Stand 04/2024) sind z.B.:
- DIN ISO 2768-1 und DIN EN ISO 22081: Regelungen zu Allgemeintoleranzen
- DIN EN ISO 1101: Regelungen zu Form- und Lagertoleranzen
- DIN EN ISO 5459: Regelungen zu Bezügen und Bezugssystemen
- DIN EN ISO 8015: Erfassung und Festlegung von Toleranzen
Allgemeintoleranzen
Allgemeintoleranzen finden auf alle Maße Anwendung, für die nicht explizit eine Toleranz angeben wird. Die DIN ISO 2768-1 regelt die Allgemeintoleranzen für Längen und Winkelmaße, DIN EN ISO 22081 für Form- und Lagetoleranzen. Eine beispielhafte Eintragung auf einer technischen Zeichnung kann z.B. sein: ISO 2768-mf.
Es gibt z.B. folgende Genauigkeitsklassen für Längen- und Winkelmaße:
- f (fein), verwendet z.B. in Feintechnik
- m (mittel), werkstattübliche Klasse
- c (grob), verwendet z.B. in der Gießereitechnik
- v (sehr grob), verwendet z.B. bei groben Holzarbeiten
Fertigungstoleranzen
Im Bereich der Fertigung ermöglichen Toleranzen den Austausch von Bauteilen untereinander, sofern diese innerhalb der gleichen Toleranzen gefertigt wurden. Damit einher geht auch eine Herstellerunabhängigkeit. Fertigungstoleranzen bilden die Grundlage für die Serienfertigung bzw. Massenproduktion. Während der Auslegung kann es je nach Anwendung sinnvoll sein, sich entweder hinsichtlich des oberen oder des unteren Grenzmaßes zu orientieren. Dadurch kann bei Nacharbeiten entsprechend nach oben oder unten justiert werden, ohne dabei Gefahr zu laufen, die Fertigungstoleranz zu überschreiten. Bei Bohrungen z.B. ist eine Orientierung am unteren Grenzmaß sinnvoll, bei Wellen z.B. am oberen Grenzmaß.
Maßtoleranzen
Maßtoleranzen sind Maßangaben z.B. des Konstrukteurs, welche eingehalten werden müssen, damit die Konstruktion funktioniert, bspw. 110 mm (-5 mm, +10 mm). Die Toleranzen geben die maximal zulässigen Abweichungen (nach oben/unten) vom Nennwert an. Dabei kann es sich um prozentuale Angaben handeln oder um maximale Abweichungen.
Die obere bzw. untere Maßtoleranz berechnet sich aus der Differenz des zulässigen größten Abmaßes (oberes Grenzmaß, Höchstmaß) und dem kleinsten Abmaß (unteres Grenzmaß, Mindestmaß). Innerhalb dieser Grenzen liegt das Toleranzfeld. Je mehr Präzision durch die Toleranz vorgegeben wird, desto kostenintensiver wird die Produktion. Daher sollten Toleranzen generell nicht zu klein gewählt werden.
Kugellager-Toleranzen
Die Angabe der Toleranzklasse kann als einfacher Gradmesser für die Laufgenauigkeit eines Wälzlagers (z.B. Radiallager, Axiallager) genommen werden. Als japanischer Hersteller liefert MISUMI seine Produkte in den Toleranzklassen nach der japanischen Norm JIS B0401. Die Norm JIS B 1514 deckt im DIN bzw. ISO-Normenbereich die Normen ISO 492, ISO 199 und DIN 620 für die entsprechenden Lagerarten mit ab. Die Lagergenauigkeit ist z.B. in den Toleranzklassen 2 (P2), 4 (P4), 5 (P5), 6 (P6) und 0 (P0) nach JIS B 1514 (in Klammern Angabe nach DIN 620) wählbar. Die Lagerklasse 2 (P2) bezeichnet die hochwertigsten Lager, dann aufsteigend bis zur Klasse 0 (P0) die preiswerteren Lager mit den größeren Toleranzen.