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Sicherheitsstandards im Maschinenbau
Die Einhaltung von Sicherheitsstandards im Maschinenbau ist ein maßgeblicher Aspekt für Hersteller, Betreiber und andere beteiligte Parteien, um sicherzustellen, dass Maschinen und deren Arbeitsumgebungen den geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprechen und ein Höchstmaß an Sicherheit bieten. Die effektive Maschinen- und Anlagensicherheit ist daher ein fundamentales Kriterium und bildet die Grundlage für ein unfallfreies Arbeiten an Maschinen, Anlagen und Geräten. Die Bewertung und Prüfung aller Teile ist jedoch meist mit einem hohen Aufwand verbunden. Allgemein gültige Sicherheitsstandards sind daher eine gute Möglichkeit, die Sicherheit von Komponenten und Produkten ganz allgemein zu regeln und anschließend zu überprüfen. In diesem Zusammenhang beleuchten wir in diesem Artikel die Sicherheit von Maschinen sowie einige gängige Sicherheitsnormen und Richtlinien.
Maschinensicherheit im Maschinenbau
Maschinensicherheit im Maschinenbau bezieht sich auf die Gestaltung, Konstruktion und den Betrieb von Maschinen, mit dem Ziel, Unfälle zu verhindern und die Sicherheit von Personen zu gewährleisten, die mit diesen Maschinen oder in ihrer Nähe arbeiten. Dies umfasst verschiedene Aspekte wie die Vermeidung von Gefahrenquellen, die Ergonomie von Bedienelementen, den Schutz vor elektrischen, mechanischen oder thermischen Risiken sowie die Implementierung von Sicherheitsvorkehrungen wie Not-Aus-Schaltern oder Schutzeinrichtungen.
Die funktionale Sicherheit von Maschinen bezieht sich auf das Konzept, dass Maschinen so gestaltet, konstruiert und betrieben werden sollten, dass sie bestimmte sicherheitsrelevante Funktionen zuverlässig erfüllen, selbst wenn Fehler oder Störungen auftreten. Das Ziel der funktionalen Sicherheit ist es, das Risiko von Unfällen und Verletzungen zu minimieren, indem potenzielle Gefahrenquellen erkannt und angemessen behandelt werden.
Wie lässt sich die funktionale Sicherheit von Maschinen erhöhen?
Um die funktionale Sicherheit von Maschinen zu gewährleisten, werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, einschließlich der Identifizierung von Sicherheitsfunktionen, der Analyse von Risiken und Gefahren, der Festlegung von Sicherheitszielen, der Auswahl geeigneter Sicherheitsmaßnahmen, sowie der Validierung und Verifizierung der implementierten Sicherheitsmaßnahmen.
Eine Risikobeurteilung ist ein systematischer Prozess zur Identifizierung, Analyse und Bewertung solcher potenziellen Gefahren in Verbindung mit einer Maschine. Das Hauptziel besteht darin, die Risiken zu verstehen und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu identifizieren, um die Sicherheit von Personen, Umwelt und Eigentum zu gewährleisten.
Durchführung einer Risikobeurteilung nach Maschinenrichtlinie
Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG verlangt von den Herstellern, eine Risikobeurteilung durchzuführen. Die Risikobeurteilung muss den gesamten Lebenszyklus der Maschine abdecken, einschließlich Herstellung, Transport, Installation, Inbetriebnahme, Nutzung, Wartung und Entsorgung. Die Ergebnisse der Risikobeurteilung müssen dokumentiert werden, einschließlich aller identifizierten Gefahren, Bewertungen, getroffenen Maßnahmen und der Begründung für die Sicherheitsentscheidungen.
Die strukturierte Durchführung einer Risikobeurteilung wird in der internationalen Norm DIN EN ISO 12100:2011-03 mit dem Titel „Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung (ISO 12100:2010); Deutsche Fassung EN ISO 12100:2010“ geregelt. Die ISO 12100 ist eine sogenannte A-Norm und legt allgemeine Grundsätze und Verfahren für die Durchführung von Risikobeurteilungen bei Maschinen fest.
Festlegung der Grenzen der Maschine
In diesem Schritt werden die Einsatzgrenzen einer Maschine bestimmt. Es muss unter anderem klar definiert werden, welche Funktionen die Maschine ausführt und unter welchen Bedingungen die Maschine sicher und bestimmungsgemäß betrieben werden kann. Dazu gehören auch Benutzergrenzen, also die Festlegung, wer die Maschine bedienen darf und welche Qualifikationen oder Erfahrungen erforderlich sind, um die Maschine sicher zu bedienen. Darüber hinaus sind räumliche Grenzen wie Sicherheitsabstände und Platzbedarf sowie zeitliche Grenzen wie Lebensdauer der Maschine oder Wartungsintervalle von Komponenten zu definieren.
Identifizierung aller Gefahren
Die Identifikation und Analyse von Gefahren zielt darauf ab, potenzielle Gefahrenquellen zu identifizieren, die mit der Konstruktion, dem Betrieb oder der Wartung einer Maschine oder eines Systems verbunden sein könnten. Dazu gehören mechanische, elektrische, thermische, chemische und ergonomische Gefahren sowie Gefahren im Zusammenhang mit den Arbeitsumgebungsbedingungen.
Risikoeinschätzung
Die Risikoeinschätzung soll die identifizierten potenziellen Gefahrensituationen genauer untersuchen und ihre Auswirkungen bewerten. Wichtige Aspekte dabei sind die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie die Bewertung der Schwere potenzieller Schäden. Dabei wird untersucht, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Gefahr tatsächlich auftreten kann bzw. welche Art von Schäden oder Verletzungen bei Eintreten einer Gefahr verursacht werden können.
Risikobewertung
Basierend auf der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere der potenziellen Schäden werden die identifizierten Risiken klassifiziert. Dies kann beispielsweise durch die Verwendung eines Risikographs erfolgen. Der Risikograph für Maschinensicherheit ist eine grafische Darstellung, die verwendet wird, um die potenziellen Gefahren zu visualisieren und Maßnahmen zur Risikominderung zu identifizieren.
Beispielabbildung - Risikograph für die Risikobewertung
S = Schwere der Verletzung: S1 = leichte Verletzung, S2 = ernste Verletzung
F = Häufigkeit und Dauer der Gefährdungsexposition: F1 selten oder kurze Dauer, F2 = häufig
P = Möglichkeiten zur Vermeidung oder Begrenzung der Gefährdung: P1 = möglich, P2 = kaum möglich
a = geringes Risiko, e = hohes Risiko
Risikominderung
Basierend auf den Ergebnissen der Risikobeurteilung werden geeignete Schutzmaßnahmen identifiziert, die dazu beitragen können, potenzielle Gefahren zu verhindern, zu minimieren bzw. zu kontrollieren.
Maßnahmen zur Risikominderung
Die Risikominderung umfasst drei Schritte:
- Erstellung einer in sich sicheren Konstruktion, z.B. durch die Auswahl geeigneter Konstruktionsprinzipien und Bauteile.
- Technische und ergänzende Schutzmaßnahmen, z.B. das Anbringen von Schutzeinrichtungen wie Signalleuchten oder Lichtschranken.
- Benutzerinformationen über Restrisiken, die der Maschine trotz der Maßnahmen der anderen beiden Schritte noch innewohnen, z.B. durch Warnhinweise an der Maschine oder Sicherheitsinformationen in der Betriebsanleitung.
Bezüglich der technischen Schutzmaßnahmen sind weitere Normen heranzuziehen. Die harmonisierte Norm DIN EN 60204-1 für elektrische Ausrüstungen von Maschinen legt Anforderungen für die Auswahl und den Einsatz elektrischer Schutzmaßnahmen fest, um das Risiko von Stromschlägen, Kurzschlüssen und anderen elektrischen Gefahren zu minimieren. Dazu gehören Maßnahmen wie Schutzerdung, Schutzisolierung, Abschalten von Stromkreisen und Fehlerstromschutzschalter. Darüber hinaus enthält die DIN EN 60204-1 Anforderungen für elektrische Steuerungen von Maschinen, einschließlich Not-Aus-Schaltern, Sicherheitssteuerungen und anderen sicherheitsrelevanten Funktionen.
Die Normen EN ISO 13849-1 und 13849-2 hingegen beschäftigen sich mit der Beschreibung und der Umsetzung sicherheitstechnischer Funktionen. Sicherheitsfunktionen wie Not-Aus, Schutztürenüberwachung und sichere Stoppfunktionen können durch Sicherheitssteuerungen bereitgestellt werden. Die Anforderungen für solche Sicherheitssteuerungen sind in der EN ISO 13849-1 geregelt. Die ISO 13849-2 legt die Anforderungen für die Validierung von Sicherheitssteuerungen fest, um sicherzustellen, dass sie ordnungsgemäß entwickelt, implementiert und betrieben werden. Dies umfasst Tests, Analysen und Dokumentation, um sicherzustellen, dass die Sicherheitssteuerungen den erwarteten Leistungsanforderungen entsprechen.
Risiken nach der Minderung bewerten
Dieser Schritt beinhaltet die erneute Bewertung der Risiken, nachdem die Risikominderungsmaßnahmen implementiert wurden. Es wird überprüft, ob die ergriffenen Maßnahmen effektiv waren und das Risiko tatsächlich auf ein akzeptables Niveau reduziert haben. Diese Bewertung kann unter Verwendung derselben Kriterien erfolgen, die bei der ursprünglichen Risikobeurteilung angewendet wurden, einschließlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der potenziellen Schäden.
Alle Schritte des Risikomanagementprozesses müssen sorgfältig dokumentiert werden. Dies umfasst die Ergebnisse der ursprünglichen Risikobeurteilung, die identifizierten Gefahren und Risiken, die Bewertung und Auswahl der Risikominderungsmaßnahmen, sowie alle Maßnahmen, die tatsächlich umgesetzt wurden.
Bedeutung der CE-Kennzeichnung im Rahmen der Maschinensicherheit
Die CE-Kennzeichnung an Maschinen ist ein Symbol, das anzeigt, dass die Maschinen mit den geltenden europäischen Richtlinien und Standards in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz übereinstimmen. Die CE-Kennzeichnung besagt, dass der Hersteller oder sein Bevollmächtigter erklärt, dass das Produkt die geltenden Anforderungen erfüllt, die in den entsprechenden EU-Richtlinien festgelegt sind. Für Maschinen und andere technische Produkte sind die wichtigsten Richtlinien die Maschinenrichtlinie (2006/42/EG), die Niederspannungsrichtlinie (2014/35/EU) und die EMV-Richtlinie (2014/30/EU).
Die Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) ist eine europäische Richtlinie, die die Anforderungen für Maschinen und sicherheitsrelevante Bauteile festlegt, die auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden. Sie legt grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen fest, die von Herstellern erfüllt werden müssen, um sicherzustellen, dass Maschinen sicher und für den vorgesehenen Zweck verwendet werden können. Die Richtlinie betrifft verschiedene Aspekte wie Konstruktion, Herstellung, Betrieb und Instandhaltung von Maschinen sowie die Risikobeurteilung und die CE-Kennzeichnung.
Die Niederspannungsrichtlinie (2014/35/EU) regelt die Sicherheitsanforderungen für elektrische Ausrüstungen von Maschinen und anderen Produkten, die in einer Spannung von 50 bis 1000 Volt Wechselstrom oder 75 bis 1500 Volt Gleichstrom betrieben werden. Sie stellt sicher, dass elektrische Ausrüstungen sicher konstruiert und hergestellt werden, um das Risiko von Stromschlägen, Kurzschlüssen und anderen elektrischen Gefahren zu minimieren. Die Richtlinie betrifft die Konstruktion, Herstellung und CE-Kennzeichnung von elektrischen Produkten.
Die EMV-Richtlinie (2014/30/EU) legt die Anforderungen für die elektromagnetische Verträglichkeit von elektrischen und elektronischen Geräten fest. Sie stellt sicher, dass Geräte so konstruiert und hergestellt werden, dass sie elektromagnetische Störungen verhindern oder tolerieren können, um Störungen anderer Geräte nicht zu verursachen. Die Richtlinie betrifft verschiedene Aspekte wie elektromagnetische Emissionen, Immunität gegenüber Störungen und die CE-Kennzeichnung von Geräten.
Es ist wichtig zu beachten, dass die CE-Kennzeichnung einer Maschine nicht als Qualitätszeichen oder Zertifikat angesehen werden sollte, sondern lediglich darauf hinweist, dass die Maschine den geltenden Anforderungen entspricht. Die Einhaltung der CE-Kennzeichnung wird durch eine Reihe von Verfahren und Bewertungen überprüft, die von den Herstellern durchgeführt werden müssen, bevor die Maschine in Verkehr gebracht werden kann.