Unterschiede zwischen Kugellager und Gleitlager - welche Lagerart ist die richtige für Sie?

Kugellager und Gleitlager sind zwei grundlegende Arten von Lagern, die in einer Vielzahl von mechanischen Systemen im Maschinenbau eingesetzt werden. Die Hauptaufgabe von Lagern ist es, definierte Bewegungen von Bauteilen zu ermöglichen und dabei die Reibung weitestgehend zu reduzieren. Obwohl beide Lagerarten ein gemeinsames Ziel haben, gibt es grundlegende Unterschiede in Bezug auf Konstruktion, Funktionsweise und Anwendungsbereiche. In diesem Blogartikel werden die wichtigsten Unterschiede zwischen Kugellagern und Gleitlagern beschrieben.

Kugellager als eine Art von Wälzlagern

Wälzlager zählen zu den verbreitetsten Lagerarten. Sie verwenden rollende Elemente, um Kräfte zwischen den Lageroberflächen auszugleichen. Die rollenden Elemente sind zwischen einem inneren und einem äußeren Ring positioniert. Häufig dienen Wälzlager der Lagerung von Wellen und Achsen, da sie abhängig von Ihrer Bauform sowohl axiale als auch radiale Belastungen tragen können, wodurch eine Drehung der gelagerten Welle ermöglicht wird.

Abbildung - Darstellung der Rollreibung
Abbildung - Darstellung der Rollreibung

Kugellager gehören zu den Wälzlagern und dienen dazu, rotierende Bewegungen mit möglichst geringer Reibung zu unterstützen. Sie bestehen aus inneren und äußeren Ringen, zwischen denen sich Kugeln befinden, die als Wälzkörper fungieren. Durch diesen Aufbau wird die Reibung zwischen den beweglichen Teilen einer Maschine oder Anlage erheblich reduziert. Während des Betriebs verteilen die eingebetteten Kugeln die auftretenden Lasten und ermöglichen so eine flüssige und effiziente Rotation.

Arten von Kugellagern

Rillenkugellager

Rillenkugellager sind eine weit verbreitete Art von Kugellagern, die sich durch vertiefte Laufbahnen für die Kugeln auszeichnen. Diese Bauweise ermöglicht es ihnen, sowohl radiale als auch geringe axiale Belastungen aufzunehmen. Durch ihre einfache Konstruktion und Effizienz sind sie in vielen industriellen und mechanischen Anwendungen weit verbreitet. Sie zeichnen sich durch eine hohe Tragfähigkeit und Langlebigkeit aus.

Beispielabbildung - Rillenkugellager, einreihig
Beispielabbildung - Rillenkugellager, einreihig

Pendelkugellager

Pendelkugellager weisen ähnliche Eigenschaften wie Rillenkugellager auf, besitzen jedoch einen Innenring mit zwei in Rillen geführten Kugelreihen. Die Laufbahn des Außenrings hat die Form einer Hohlkugel. Diese Bauform ermöglicht es dem Pendelkugellager sich kleineren Schiefstellungen zwischen dem Innenring und Außenring anzupassen. Die daraus resultierend Winkelbeweglichkeit kann genutzt werden, um Schiefstellungen oder Fluchtungsfehler auszugleichen.

Beispielabbildung - Pendelkugellager
Beispielabbildung - Pendelkugellager

Schrägkugellager

Schrägkugellager sind spezielle Kugellager, die im Gegensatz zum Rillenkugellager im Schnitt aus Seitenansicht nicht symmetrisch aufgebaut sind. Außenring und Innenring sind mit einer jeweils gegenüberliegenden einseitigen Schulter versehen, welche einen schrägen Kräfteverlauf ermöglicht.

Neben radialen Belastungen können sie daher höhere axiale Belastungen als zum Beispiel Rillenkugellager aufnehmen. Einreihige Schrägkugellager sind nur von einer Seite axial belastbar, zweireihige hingegen von beiden Richtungen.

Beispielabbildung - Schrägkugellager
Beispielabbildung - Schrägkugellager

Axialkugellager

Axialkugellager zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders starken Belastungen in Richtung der Welle standhalten können. Sie eignen sich insbesondere in solchen Anwendungen, bei denen nur axiale Kräfte wirken. Je nach Ausführung des Axiallagers kann dieses einseitige axiale Kräfte (Einseitiges Axiallager), wechselnde Axialkräfte (zweiseitiges Axiallager), axiale und moderate radiale Kräfte (Axialschrägkugellager) aufnehmen. Axialkugellager bestehen aus Wellenscheiben, Gehäusescheiben und Kugelsätzen.

Beispielabbildung - Axialkugellager
Beispielabbildung - Axialkugellager

Gleitlager

Gleitlager sind Lager, die ohne rollende Elemente wie beispielsweise Kugeln auskommen. Eine ihrer häufigsten Einsatzbereiche ist es, Wellen mit geringen Drehzahlen oder unvollständigen Kreisbewegungen zu führen und sicher zu lagern. Die Drehbewegung der Welle wird bei Gleitlagern nicht durch Wälzkörper, sondern durch Gleiten der Wellenoberfläche auf der Kontaktfläche des Gleitlagers ermöglicht. Für gleitend gelagerte, lineare Bewegungen werden Gleitplatten eingesetzt.

Um die Reibung zwischen den Oberflächen zu minimieren, werden Gleitlager mit Selbstschmierung oder einer externen Zufuhr des Schmiermittels eingesetzt. Durch die eingesetzten Schmiermittel kann die Bewegung zwischen den beiden Oberflächen erleichtert und die Reibung minimiert werden.

Abbildung - Darstellung der Gleitreibung
Abbildung - Darstellung der Gleitreibung

Arten von Gleitlagern

Gleitlagerbuchsen

Gleitlagerbuchsen, oder auch Gleitbuchsen, sind Lager, die eine reibungsarme und vibrationsdämpfende Bewegung zwischen zwei Komponenten ermöglichen. Sie gewährleisten eine lineare oder rotierende Bewegung zwischen den Bauteilen.

Gleitlagerbuchsen werden auf Grund ihrer Bauform in Gleitlagerbuchse mit Bund und Gleitlagerbuchse ohne Bund, auch zylindrische Gleitlagerbuchse genannt, unterteilt. Eine Gleitlagerbuchse mit Bund kann durch den mechanischen Anschlag moderate Axialkräfte aufnehmen.

Beispielabbildung - Gleitlagerbuchse, mit Bund
Beispielabbildung - Gleitlagerbuchse, mit Bund

Gleitlagerbuchsen werden darüber hinaus nach der Schmierung unterschieden.

  • Einfache Gleitlager sind wartungsgünstig und werden nicht oder mit Fett geschmiert.
  • Die hydrostatische Lagerung erfolgt unter einer konstanten Schmierung. Die Lagerung ist in jedem Moment geschmiert, so lange die Zirkulation durch eine Pumpe sichergestellt ist. Hydrostatische Lager müssen sorgsam überwacht werden und sind teure Lagerungen. Die Vorteile sind geringe Reibung und ein geringer Lagerverschleiß, auch bei unterschiedlichen Lasten.
  • Die hydrodynamische Lagerung erreicht den geschmierten Zustand erst bei einer gewissen Drehzahl, da durch hydrodynamische Effekte das Schmiermittel verteilt wird. Da diese Effekte im hydrostatischen Zustand nicht stattfinden, gleitet die Lagerung bei geringen Drehzahlen unter Einfluss der Trockenreibung und in den Übergängen in der Mischreibung.

Anlaufscheiben

Anlaufscheiben, oder auch Gleitlagerscheiben, sind scheibenförmige Lager, die der axialen Lagerung von Wellen dienen. Je nach Anforderung des Anwendungsfalls werden Gleitlagerscheiben eingelegt oder einseitig befestigt.

Beispielabbildung - Gleitlagerscheibe
Beispielabbildung - Gleitlagerscheibe

Unterschiedliche Lageranordnungen

Fest-Los-Lagerung

Eine Fest-Loslager-Anordnung besteht meist aus zwei Lagern. Festlager fixieren eine Welle in radialer und axialer Richtung, das heißt sie müssen radiale Kräfte und beidseitig axiale Kräfte aufnehmen können. Im Gegensatz dazu dürfen Loslager nur radiale Kräfte aufnehmen, um axiale Bewegung oder Verschiebung durch Wärmeausdehnung, Fertigungstoleranzen usw. zu kompensieren.

Beispielabbildung - Festlager (links) vs. Loslager (rechts)
Beispielabbildung - Festlager (links) vs. Loslager (rechts)

Stützlagerung

Die Stützlagerung besteht ebenfalls aus zwei Lagern, die beide eine Radialkraft aufnehmen. Im Gegensatz zur Fest-Los-Lagerung können die Lager jedoch nur in eine Richtung axiale Kräfte aufnehmen. Die Stützlagerung unterscheidet zwei Ausführungen: angestellte Lagerung und schwimmende Lagerung.

Bei der angestellten Lagerung sind die beiden Lager gegeneinander - man könnte auch sagen spiegelbildlich - angeordnet. Dabei wird die Welle axial durch eines der Lager in einer Richtung und durch das zweite Lager in entgegengesetzter Richtung fixiert. Diese Lagerung wird häufig genutzt um eine Führung der Welle unter Vorspannung und präzisem Lauf zu erreichen. Für die angestellte Lagerung werden häufig Schrägkugellager oder Kegelrollenlager verwendet. Je nach Anordnung der Lager kommt es bei thermischer Ausdehnung der eingesetzten Materialien zu Veränderungen in der Vorspannung der Lager was diese stark belasten und zerstören kann.

Beispielabbildung - Angestellte Lagerung mit Schrägkugellagern
Beispielabbildung - Angestellte Lagerung mit Schrägkugellagern

Die schwimmende Lagerung hat viele Gemeinsamkeiten mit der angestellten Lagerung. Allerdings lässt die schwimmende Lagerung ein gewisses axiales Spiel s zu, das heißt, die Welle kann sich über eine gewisse Distanz axial bewegen - das sogenannte „schwimmen“. Schwimmende Lagerungen kommen dann zum Einsatz, wenn es keine enge axiale Führung gibt. Lagerarten, die sich für schwimmende Lagerungen eignen, sind Rillenkugellager oder Pendelkugellager.

Beispielabbildung - Schwimmende Lagerung mit Rillenkugellagern
Beispielabbildung - Schwimmende Lagerung mit Rillenkugellagern

Kriterien für die Auswahl von Gleitlagern und Kugellagern

Der Unterschied zwischen beiden Lagerarten liegt grundlegend in ihrem Aufbau und der Funktionsweise. Bei der Entscheidung für oder gegen eine dieser Lagerarten ist es hilfreich, die nachfolgenden Unterscheidungsmerkmale zu berücksichtigen:

  • Reibung und Effizienz: Kugellager verwenden rollende Elemente, normalerweise Kugeln, die zwischen den Innenringen und Außenringen rollen und so eine reibungsarme Bewegung ermöglichen. Da die Kugeln einen Großteil der Belastung tragen, ist die Reibung in Kugellagern in der Regel gering, was wiederum zu einer effizienten Übertragung von Drehmomenten führt und höhere Geschwindigkeiten ermöglicht. Gleitlager verwenden das Prinzip der direkten Reibung zwischen zwei Oberflächen. Hierbei wird ein Gleitfilm, normalerweise aus Schmierstoff, zwischen der Welle und dem Gleitlager erzeugt. Da die Bewegung auf einer Oberfläche mit einem Schmierstoff als Gleitmedium erfolgt, ist die Reibung in Gleitlagern im Allgemeinen höher als in Kugellagern.
  • Belastung und Stoßempfindlichkeit: Gleitlager sind vorteilhaft bei Anwendungen mit niedrigeren Drehzahlen und hohen radialen Kräften, Kugellager hingegen eignen sich für höhere Drehzahlen. Da bei Kugellagern in der Regel niedrigere Reibmomente als bei Gleitlagern auftreten, entwickeln diese weniger Wärme, so dass keine zusätzliche Kühlung erforderlich ist. Hinsichtlich der Stoßbelastung sind Gleitlager im Vorteil, da bei Kugellagern durch die kleinere Auflagefläche der Rollkörper die Materialbeanspruchung höher ist und Kugellager empfindlicher auf Belastungen durch Stöße reagieren. Sogar bei Erschütterungen im Ruhezustand können Kugellager leicht Schaden nehmen, und die geringe Schwingungsdämpfung der Kugellager bringt unterschiedlichste Vibrationen, Geräusche und Schwingungen mit sich. Gleitlager sind hingegen in der Lage, Schwingungen durch Vibrationen zu dämpfen.
  • Lebensdauer und Wartungsaufwand: Gleitlager weisen eine vergleichsweise hohe Lebensdauer auf, während Kugellager meist nur für eine begrenzte Lebensdauer ausgelegt sind. Im Vergleich zu Kugellagern sind Gleitlager wartungsärmer, da selbst bei höchsten Belastungen der Verschleiß eher gering ist. Außerdem sind sie schmutzunempfindlicher als Kugellager und eignen sich daher besser für den Einsatz in Umgebungen mit widrigen Bedingungen. Kugellager müssten für diesen Einsatz aufwendig abgedichtet werden, um ein Eindringen von Staub und Verschmutzungen zu vermeiden. Kugellager hingegen lassen sich mit weniger Aufwand in Baugruppen einbinden, da es sich bei ihnen um international genormte Bauteile handelt. Besonders bei hohen Drehzahlen sind Kugellager grundsätzlich besser geeignet als Gleitlager, wobei sich Gleitlager bei Schwenkbewegungen besser eignen.
  • Montage und Kosten: Während Kugellager einen vergleichsweise großen Bauraum erfordern, sind Gleitlager einteilig und kompakt und haben somit einen minimalen Platzbedarf. Sie lassen sich auch einfacher montieren. Ein weiterer Unterschied ist der Kostenfaktor. Gleitlager sind gegenüber Kugellagern die etwas preisgünstigere Variante, da Kugellager höhere Konstruktionskosten, unter anderem für das Lager selbst sowie für Gehäuse, Gegenflächen und Befestigungsmaterial, verursachen.

Anwendungsbeispiel

Beispielabbildung - Ausrichtung und Positionierung von Werkstücken
Beispielabbildung - Ausrichtung und Positionierung von Werkstücken

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Das Anwendungsbeispiel ist ein Glasleiterplattenförderer. Die Lagerung der Rollen wird durch Kugellager umgesetzt. Die passenden Komponenten, um Ihre Lagerung zu gestalten, finden Sie im MISUMI-Shop: