Schmierung von Kugelgewindetrieben - Schmierstoffe, Anwendungsbereiche und allgemeine Hinweise

Kugelgewindetriebe bzw. Kugelumlaufspindeln sollten niemals ohne Schmierung verwendet werden, da ihre Funktionalität sonst nicht gewährleistet werden kann und sich ihre Lebensdauer verkürzt. Zur Schmierung können Schmiermittel wie Öl oder Fett verwendet werden. Welches Mittel sich aus welchen Gründen eignet und wie man Kugelgewindetriebe optimal schmiert, wird in diesem Artikel geklärt.

Kugelgewindetriebe / Kugelumlaufspindeln

Kugelgewindetriebe, auch Kugelumlaufspindeln, sind hochpräzise Bauteile, die in erster Linie überall da eingesetzt werden, wo rotatorische Bewegungen in lineare Bewegungen übersetzt werden müssen, oder umgedreht. Das ist z.B. beim Heben und Senken von Vorrichtungen der Fall, sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung. Die Präzision entsteht vor allem durch das geringe Spiel der Kugelgewindetriebe. Dank dieser Präzision können Kugelgewindetriebe zu einer hohen Wiederholgenauigkeit verhelfen. Verwendet man einen vorgespannten Kugelgewindetrieb, lässt sich das Spiel sogar noch weiter minimieren, was die Präzision zusätzlich erhöht. Sie arbeiten schnell und zuverlässig und werden häufig als Antrieb für Linearführungen eingesetzt. Es empfiehlt sich, Kugelgewindetriebe immer mit einem Festlager oder einem Loslager zu montieren. Dadurch können Vibrationen und ein Biegen des Kugelgewindetriebs durch Stauchung vermieden werden.

Warum müssen Kugelgewindetriebe geschmiert werden?

Für eine reibungslose Funktion müssen Kugelgewindetriebe geschmiert werden. Das Schmiermittel bildet einen Schutzfilm auf allen wichtigen Teilen des Kugelgewindetriebs (Schraubenschaft, Rolloberfläche der Mutter und Oberfläche der Kugeln). Dank dieses Schmierfilms wird zum einen die Reibung minimiert, was zu einem effizienteren Betrieb führt, und zum anderen eine Hitzeentwicklung verhindert, wodurch die thermische Belastung für einzelne Komponenten reduziert wird. Eine gute Schmierung trägt außerdem zur Erhöhung der sowieso schon guten Präzision von Kugelgewindetrieben bei. Mit einer guten Schmierung wird zusätzlich Problemen entgegengewirkt, die zwangsläufig bei der Berührung mehrerer Metallteile, vor allem in beweglichen Komponenten, entstehen. Die Schmierung der Kugelgewindetriebe ist also gleichzeitig auch ein Teil der Wartung und verlängert die Lebensdauer des Kugelgewindetriebs.

Wartung eines Kugelgewindetriebs
Wartung eines Kugelgewindetriebs

Schmiermittel richtig anwenden

Kugelgewindetriebe dürfen niemals ohne Schmierung in Betrieb genommen werden, da es sonst zu Schäden kommt. Von MISUMI gelieferte Kugelgewindetriebe sind bereits vorgefüllt. Für den Fall, dass ein nicht vorgefüllter Kugelgewindetrieb verwendet wird und eine Erstschmierung bei Inbetriebnahme notwendig wird oder nachgeschmiert werden muss, werden nachfolgend einige Hinweise zur korrekten Handhabung genannt.

Die wichtigste Grundregel ist: Es muss immer das gleiche Schmiermittel verwendet werden. Unterschiedliche Schmiermittel dürfen nicht miteinander gemischt werden. Der Hintergrund ist, dass es beim Mischen zu ungewünschten Reaktionen der Schmiermittel untereinander kommen kann und so z.B. Verklumpungen und andere Verunreinigungen entstehen, welche die Funktionsfähigkeit des Kugelgewindetriebs nachhaltig negativ beeinflussen können. Die Wahl des richtigen Schmiermittels ist abhängig vom Einsatzbereich und der vorgesehenen Anwendung.

Vor der Erstschmierung müssen zuerst Rostschutzöle und andere Hilfsmittel entfernt werden. Die Nachschmierung erfolgt dann innerhalb festgelegter Intervalle. Diese Intervalle sind so unterschiedlich wie die Anwendungen selbst: Sie sind abhängig von der Anzahl an Betriebsstunden, den Betriebsbedingungen oder der Anwendung. Einige Betriebsbedingungen machen eine häufigere Schmierung notwendig. Hohe Betriebstemperaturen können beispielsweise die Schmierfähigkeit eines Schmiermittels reduzieren. Eine hohe Belastung von Staub und anderen Partikeln führt dazu, das Schmiermittel schneller verschmutzen und ausgetauscht werden müssen.

Für eine erfolgreiche Nachschmierung muss der Kugelgewindetrieb zunächst auf Beschädigungen, Fremdkörper und Verschmutzungen geprüft werden. Auch ungewöhnliche Geräusche können auf eine Fehlfunktion hinweisen. Im nächsten Schritt muss der Kugelgewindetrieb mit geeigneten Reinigungs- und Lösungsmitteln gesäubert werden. Anschließend müssen diese Mittel wieder vom Kugelgewindetrieb gründlich abgespült werden. Nun folgt die Funktionsprüfung: Die Kugelmutter muss mehrmalig über den gesamten Verfahrweg über die trockene, ungeschmierte Spindel bewegt werden. Ist ihr Lauf gleichmäßig ohne Widerstand oder Geräuschentwicklung, sind Rollkörper und Spindel fehlerfrei. Das restliche von den Rollkörpern abgegebene Schmiermittel kann nun mit einem trockenen, fusselfreien Tuch entfernt werden. Anschließend ist der Kugelgewindetrieb umgehend nach Herstelleranleitung zu schmieren und ggf. mit geeigneten Mitteln vor Rost u.a. Beschädigungen zu schützen. Es gibt verschiedene Methoden, um die Spindel zu fetten. Bei der Handschmierung wird das Schmiermittel z.B. mit einem Pinsel oder einer Fettpresse aufgetragen. Es gibt aber auch automatische Schmiersysteme, die genau die richtige Menge an Schmiermittel bereitstellen.

Unterschied Öl- und Fettschmierung

Sowohl Schmierfette als auch Öle bieten Schutz vor Korrosion. Sie unterscheiden sich aber hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile sowie Anwendungsmöglichkeiten.

Öl

Ölgeschmierte Kugelgewindetriebe sind mitunter wartungsärmer, da das Öl Verunreinigungen und einen Großteil der möglichen Verschmutzungen beim Durchfließen der Kugelgewindemutter abtransportiert. Im Gegensatz zum Fett wird Öl nicht von der Gewindemutter vor sich hergeschoben, wodurch sich weniger Ablagerungen bilden.

Weitere Vorteile von Öl sind:

  • Öl ist direkt an der Schmierstelle aufbringbar, es entfernt Feuchtigkeit und Verschmutzungen und kann neben der Schmierung gleichzeitig zur Kühlung verwendet werden.
  • Öle funktionieren gut bei niedrigen bis mittleren Betriebsgeschwindigkeiten, Temperaturen und Lastgrößen.

Unter extremeren Bedingungen kann eine Ölbeschichtung unbrauchbar werden und die ggf. unerkannte Metall-auf-Metall-Reibung kann schnell Schäden verursachen. Insgesamt sind Öle teurer als Schmierfett, da zum Auftragen eine Pumpe und ein Filtersystem benötigt wird. Weiterhin können sie selbst Grund für Verschmutzungen am Kugelgewindetrieb sein, wenn zu viel oder für den Anwendungsfall nicht geeignetes Schmiermittel verwendet wird.

Schmierfette

Schmierfette können direkt auf die Spindel selbst oder in die Kugelmutter aufgetragen werden, wenn diese über offene Bohrungen verfügt, durch die das Schmierfett gepumpt werden kann.

Weitere Vorteile von Schmierfetten sind:

  • Sie eignen sich auch für hohe Drehzahlen.
  • In der Regel sind sie kostengünstiger und ermöglichen häufig lange Schmierintervalle.
  • Schmierfette lassen sich mit Additiven zu synthetischen Schmierstoffen verarbeiten, die extremeren Temperaturen, Belastungen und Drehzahlen standhalten.
  • Es gibt Spezialfette mit Vakuum- oder Reinraumqualität.

Zu beachten ist, dass einige Fette sich untereinander nicht vertragen und es z.B. zu Verklumpungen kommt. Vorher ist stets die Kompatibilität zu prüfen. Außerdem sammeln Schmierfette sich oft mit abrasiven Partikeln an der Kugelgewindemutter an.

Für Kugelgewindetriebe bzw. Kugelumlaufspindeln gibt es z.B. auch speziell entwickeltes Spindelfett mit besonderen Eigenschaften. Spindelfett hat eine hohe Viskosität und sorgt für eine besonders niedrige Reibung.

Additive

Additive verbessern die Fetteigenschaften. So können z.B. Schmierfette mit Additiven zu synthetischen Schmierstoffen verarbeitet werden, die auch extremen Temperaturen, Belastungen und Drehzahlen standhalten. Die Beigabe von Additiven reduziert den Verschleiß und minimiert zusätzlich die Reibung. Schmierfett sollten z.B. aber nicht zusammen mit Molybdändisulfid oder Graphit verwendet werden, da sie zu niedrige Reibungswerte erzeugen.

Weitere Vorteile können sein:

  • Fett kann Verunreinigungen besser widerstehen
  • Verschleiß unter Last wird reduziert
  • Vibrationen werden reduziert

Verschiedene Schmierfett-Klassen

Das National Lubricating Grease Institute (NLGI) ist ein internationaler Handelsverband, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Entwicklung und Forschung in der Schmiertechnik zu fördern. Sie veröffentlichen außerdem Industrienormen für Fette, z.B. die neun NLGI-Schmierfettklassen. Diese sind standardisiert und weltweit anerkannt. Die Grade reichen dabei von sehr flüssig bis extrem fest. Die Klassifizierung erfolgt in einem Penetrationstest bei 25 °C: Anhand der Eindringtiefe, die bei Eindrücken eines standardisierten Kegels ins Fett entsteht, lässt sich der Schmierfettgrad bestimmen. Die Schmierfettklassen eignen sich für unterschiedliche Anwendungen:

  • NLGI 000, 00 und 0: bei niedrigen Temperaturen, hohen Drehzahlen, in zentralen Schmiersystemen
  • NLGI 1 und 2: für allgemeine Schmierzwecke, weit verbreitet, eignet sich auch für Kugelgewindetriebe
  • NLGI 3 und 4: wenn höhere Konsistenz erfordert ist (langsam drehende, schwer belastete Lagersysteme)
  • NLGI 5 und 6: für spezielle Anwendungen z.B. in vertikalen und schwer zugänglichen Bereichen

Empfehlungen

Damit die Schmierung konstant vorhanden ist, gilt bei normaler Beanspruchung als Faustregel alle sechs Monate und bei hoher Beanspruchung alle drei Monate zu schmieren. So bleiben Reibung und Rollwiderstand zwischen den Nuten und den Kugellagern gering. MISUMI Kugelgewindetrieb-Produkte werden in der Regel vor der Auslieferung bereits mit Schmierstoff gefüllt. Sofern keine anders lautenden Anweisungen vorhanden sind, wird abhängig vom Produkt, ein lithiumverseifter Schmierstoff oder Multemp Grease PS2 als Standardschmierstoff verwendet. Alternativ zum Standardschmierstoff sind folgende Schmierstoffausführungen verfügbar:

  • L-Ausführung: Schmierstoff: RT-100K - Hervorragende Hitze- und Oxidationsbeständigkeit sowie Adhäsions- und Kohäsionskraft. Zudem wenige Spritzer und geringer Austritt.
  • Ausführung G: Schmierstoff: LG2 - Reinraumtauglicher Spezialschmierstoff für Linearführungen, Kugelgewindetriebe usw.

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Schmierleistung der in Kugelgewindetrieben verwendeten Schmierstoffe und vergleicht Standardschmierstoff mit dem Schmierstofftyp L und G:

Schmierleistung nach Öltyp
Artikel Zustand Einheit Messverfahren Standard Typ L Typ G
Schmierleistung Bindemittel - - - Lithium "Aromatic Diurea" Lithium
Basisöl - - - Mineralöl- Synthetisches Etheröl Mineralöl + Synthetisches Kohlenwasserstofföl
Viskosität Basisöl 40 ℃ mm2/s JIS K2220 5.19 131 103 30
100 ℃ *12.2 *12.8 -
Walkpenetration - - JIS K2220 5.3 283 280 207
Tropfpunkt - JIS K2220 5.4 181 <260 200
Verdunstungsmenge 99 ℃×22h wt% - - 0.15% 1.4%
Ölabscheidung 100 ℃×24h wt% JIS K2220 514 2.8% 1.2% 0.8%
Betriebstemperatur An der Luft - -25~+135 -40~200 -10~80
Hinweis: Die Nutzungstemperatur/Betriebstemperatur bezieht sich auf die Schmierstoffleistung und nicht auf den nutzbaren Temperaturbereich des Kugelgewindetriebs.
*Kugelgewindetriebe sollten außerhalb des Temperaturbereichs von 0 - 80 °C nicht betrieben werden.

Bedingungen am Einsatzort

Zusätzlich zur Schmierung sollte man beim Einsatz von Kugelgewindetrieben noch einige Bedingungen für den Einsatzort beachten. Am Einsatzort sollten reine Umgebungsbedingungen herrschen, d.h. überall dort, wo Staub u.a. Partikel in den Kugelgewindetrieb eindringen könnten, sollten Abdeckungen verwendet werden. Andernfalls kann es zu Schäden am Kugelgewindetrieb und zur Leistungsbeeinträchtigung kommen. Die Mutter darf den nutzbaren Bereich (zwischen den Pfeilen) nicht überlaufen da sonst die in der Mutter verbauten Rollkörper herausfallen können und Störungen bis zu einem Totalausfall verursachen:

Überlaufbereich eines Kugelgewindetriebs

Ein Kugelgewindetrieb sollte außerdem bei Temperaturen von 0-80 °C eingesetzt werden, da es andernfalls zu Beschädigungen an Zirkulationsteilen oder Dichtungsteilen kommen kann.

Exkurs - Schmiermittel in Reinraumumgebung

Auch im Reinraum werden mechanische Komponenten verbaut. In dieser Umgebung wird überwacht, wie viele Partikel in der Luft vorkommen und ggf. zu Verunreinigungen führen können, da hier besonders sensible Bauteile wie z.B. Halbleiter hergestellt werden. Die Grenzwerte sind dabei strengstens einzuhalten. Es ist daher nicht überraschend, dass auch an Schmiermittel für z.B. Kugelgewindetriebe besonders hohe Anforderungen gestellt werden, sollen diese im Reinraum eingesetzt werden:

  • Das Schmiermittel darf keine Partikel abgeben.
  • Es muss chemisch stabil sein, damit es keine reaktiven Substanzen frei gibt.
  • In dem Zuge muss es auch mit anderen Materialien im Reinraum kompatibel sein, um keine chemische Reaktion auszulösen.

Synthetische Schmiermittel eignen sich für den Reinraum z.B. besonders, da sie eine hohe Reinheit aufweisen. Auch Schmierstoffe mit Basis aus perfluorierten Polyetherölen und PTFE können meist bedenkenlos eingesetzt werden. Sie bieten einen guten Verschleißschutz und sind chemisch beständig gegenüber Sterilisationsprozessen im Reinraum (z.B. Lösungen mit Wasserstoffperoxid, Einsatz von Heißdampf).

Bei MISUMI bietet sich der Typ G für den Einsatz im Reinraum z.B. für Linearführungen und Kugelgewindetriebe an.