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Kugelgewindetriebe - Funktion / Aufbau / Arten / Präzisionsklassen
Kugelgewindetriebe, auch Kugelumlaufspindeln genannt, werden nach den Auswahlkriterien und Spezifikationen der Normen DIN ISO 3408 bzw. JIS B 1192 etc. hergestellt.
Kugelgewindetriebe sind hochpräzise Bauelemente, die in verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden, um eine Drehbewegung in eine Längsbewegung (oder Linearbewegung) umzuwandeln. Die Anwendungsbereiche der Kugelgewindetriebe sind breit gefächert und beinhalten Bereiche wie CNC-Maschinen, 3D-Drucker, Robotik, Werkzeugmaschinen und viele andere industrielle Anwendungen.
Aufbau von Kugelgewindetrieben
Der Kugelgewindetrieb besteht aus einer Gewindespindel (2), einer Kugelumlaufmutter (3) und Kugeln (4). In der Mutter befindet sich eine spezielle Laufbahn (1), auf der die Kugeln rollen. Die Gewindespindel ist mit einer passenden Gewindeführung versehen, die auf die Form der Mutter abgestimmt ist. Die Kugeln ermöglichen eine reibungsarme Bewegung, indem sie zwischen den Laufbahnen der Mutter und der Spindel agieren. Kugelgewindetriebe können eine Selbsthemmung aufweisen. Die Selbsthemmung ist die Fähigkeit eines mechanischen Systems zu verhindern, dass es sich unbeabsichtigt von selbst bewegt. In einem selbsthemmenden System wird die Bewegung durch mechanische oder reibungsbedingte Kräfte blockiert, sobald die Antriebskraft entfernt wird.
Ausführungen von Kugelgewinden
Es gibt unterschiedliche Ausführungen von Kugelgewinden bzw. Kugelumlaufspindeln. Sie unterscheiden sich z.B. wie folgt:
- Nach Konstruktionsprinzip (drehende, stehende Spindel), Linearführung der Mutter
- Nach Kugelrückführung (innen oder außen)
- Rechts- oder Linksgängigkeit
- einfach oder mehrfach
- Präzision: Transport- oder Positioniergewindetrieb
Einfachkugelgewindetriebe
Einfachkugelgewindetriebe bestehen aus einer einzelnen Gewindespindel mit einer Kugelumlaufmutter. Sie sind in der Industrie weit verbreitet und werden vor allem in Anwendungsbereichen mit einer geringen Belastung und hohen Geschwindigkeiten eingesetzt.
Mehrfachkugelgewindetriebe
Anders als die Einfachkugelgewindetriebe bestehen die Mehrfachkugelgewindetriebe aus einer Kugelumlaufmutter mit mehreren Kugelreihen. Die zusätzlichen Kugelreihen führen zu einer höheren Tragfähigkeit und Steifigkeit und werden oft in Bereichen mit höheren Belastungen eingesetzt.
Mit Linearführung
In einem Kugelgewindetrieb mit Linearführung gibt es eine oder mehrere Führungsschienen, auf denen die Kugelumlaufmutter (die den Schlitten oder die Last trägt) gleitet. Die Funktion der Führungsschiene ist die Führung und Unterstützung der linearen Bewegung sowie die Erzielung von Präzision und Stabilität. Vorteile sind eine hohe Präzision, Wiederholbarkeit und Steifigkeit. Kugelgewindetriebe mit Linearführung eignen sich besonders für Anwendungen, bei denen genaue Positionierung und Stabilität erforderlich sind, wie z.B. CNC-Maschinen und Werkzeugmaschinen.
- 1 Gewindespindel
- 2 Kugelgewindemutter mit Flansch
- 3 Lagerung / Lager
- 4 Schlitten
- 5 Motor mit Getriebe
Ohne Linearführung
Bei Kugelgewinden ohne Linearführung bewegt sich die Kugelumlaufmutter direkt auf der Gewindespindel, ohne eine separate Linearführungsschiene. Die Mutter gleitet entlang der Spindel. Der Vorteil ist, dass Kugelgewinde ohne separate Linearführung in Anwendungen eingesetzt werden, bei denen Platzmangel herrscht oder einfache Konstruktionen erforderlich sind. Sie bieten möglicherweise eine kostengünstigere Lösung in weniger anspruchsvollen Anwendungen.
Präzisionsklassen
Die Präzisionsklassen von Kugelgewindetrieben sind spezifische Klassifizierungen, welche die Genauigkeit und Toleranzen beschreiben. Sie werden in einschlägigen Normen wie z.B. der japanischen JIS B 1192 (ISO 3408) geregelt. Die ISO 3408 legt z.B. die Differenz zwischen dem Sollweg und dem Nennweg über den Nutzweg hinweg fest. Folgende Toleranzklassen ergeben sich:
- C0 - C5: Definiert nach der mittleren Wegabweichung und der Toleranz der Wegschwankung
- C7-C10: Definiert nach der mittleren Wegabweichung über eine Länge von 300 mm.
Die Norm ISO 286 bietet eine alternative Klassifizierung für Toleranzgrade, die in einigen Standards verwendet wird und ähnliche Genauigkeitsgrade wie die C-Klassen angibt: IT 1 ff.
Kugelgewindetriebe können hinsichtlich des Axialspiels entweder vorgespannt (spielfrei) oder spielbehaftet sein. Kugelgewindetriebe mit hoher Präzisionsklasse sind in der Regel vorgespannt. Ein Kugelgewindetrieb mit Vorspannung empfiehlt sich für die Präzisionspositionierung, für Wegmessanwendungen, den wissenschaftlichen Gerätebau und ganz allgemein für Anwendungen, bei denen eine möglichst hohe Steifigkeit der Baugruppe gewünscht ist. Kugelgewindetriebe mit niedriger Präzisionsklasse sind meist spielbehaftet. Spielbehaftete Kugelgewindetriebe empfehlen sich, wenn Drehmomentresilienz (Leichtgängigkeit) im Vordergrund steht, wenn eventuelle Toleranzabweichungen durch ein Messsystem ausgeregelt werden oder wenn der durch das Axialspiel hervorgerufene Positionsfehler irrelevant ist.
Vorteile von Kugelgewindetrieben
Kugelgewindetriebe bieten hohe Präzision und Steifigkeit, da die Reibung signifikant reduziert wird. Diese Eigenschaft ermöglicht eine gesteigerte Genauigkeit und effiziente Umwandlung zwischen Rotations- und Linearbewegungen. Die gleichmäßige Lastverteilung durch die Kugeln über die Laufbahn gewährleistet Stabilität und eine effektive Verteilung der Belastung. Kugelgewindetriebe sind als einbaufertige Baugruppen verfügbar und erreichen hohe Wirkungsgrade bis zu 95%.
Vorteile gegenüber Trapezgewinden
Ein Kugelgewindetrieb bietet gegenüber Trapezgewinden mehrere Vorteile:
- Höhere Präzision
- Niedrigere Reibung: Kugelgewinde haben aufgrund der Verwendung von Kugeln oder Kugellagern als Rollenkontakte eine geringere Reibung.
- Höhere Geschwindigkeiten aufgrund der geringeren Reibung und des effizienten Rollkontakts
- Geringere Selbsthemmung
- Geringerer Verschleiß
- Geringere Antriebskraft aufgrund der niedrigeren Reibung und der effizienteren Energieübertragung
- Kompaktere Bauweise: Kugelgewinde ermöglichen oft eine kompaktere Bauweise, da sie aufgrund ihrer höheren Effizienz und Präzision die Verwendung kleinerer Motoren oder Antriebseinheiten ermöglichen.
Passenden Kugelgewindetrieb bestimmen
Wird ein neuer Kugelgewindetrieb benötigt, ist es wichtig, einige Parameter und Eigenschaften zu kennen. Kugelgewindetriebe gibt es mit metrischem Gewinde und Zollgewinde. Die handelsübliche Bezeichnung gibt Aufschluss darüber, um welches Gewinde es sich handelt. Kugelgewindetriebe mit Zollmaßen werden z.B. als Typ 1004 angegeben (entspricht einem Spindeldurchmesser von einem Zoll und einer 1/4-Zoll-Steigung) und Kugelgewindetriebe mit metrischen Maßen z. B. als Typ 12x3 (entspricht einem 12 mm Spindeldurchmesser und einer 3 mm Steigung).
Die Kugelgewindetriebe werden über ihren Kugelmittenkreisdurchmesser und ihre Steigung gekennzeichnet. Zur Ermittlung des Kugelmittenkreisdurchmessers kann man den Außendurchmesser der Spindel messen. Zur Bestimmung der Steigung muss zunächst ermittelt werden, ob es sich um einen eingängigen oder mehrgängigen Kugelgewindetrieb handelt. Bei eingängigen Kugelgewindetrieben liegen die Rillensegmente direkt nebeneinander, bei mehrgängigen gibt es entsprechend Lücken zwischen den Gängen. Durch Aufwickeln einer Schnur findet man den Typ am einfachsten heraus:
Die Steigung ergibt sich aus dem Abstand zwischen einem Schnursegment zum nächsten Schnursegment, z.B. 3 mm.
Der Stick-Slip-Effekt und wie man ihn minimieren kann
Der Stick-Slip-Effekt (auch Haftgleiteffekt oder selbsterregendes Schwingungssystem) tritt auf, wenn zwei Oberflächen sich abwechselnd bewegen und anhaften, anstatt reibungslos zu gleiten. Die Haftkraft eines Objektes wirkt der Gewichtskraft entgegen, mit welcher das Objekt bewegt werden soll. Bis die zur Überwindung der Haftkraft benötigte Kraft aufgebracht ist, bleibt das Objekt haften, und wird dann mit erhöhter Geschwindigkeit losgelassen und beginnt zu gleiten. Ist der Zustand der Gleitreibung einmal erreicht und wird das Objekt weiter mit konstantem Druck bewegt, bleibt es nicht mehr haften.
Dennoch führt ein eintretender Stick-Slip-Effekt zu Schwingungen und Vibrationen im System, die in der Regel unerwünscht sind. Im Gegensatz zu Trapezgewinden oder Schraubengewinden, bei denen Haftreibung vorliegt, spielt der Stick-Slip-Effekt bei Kugelgewinden kaum eine Rolle, da hier im wesentlichen Rollreibung vorliegt. Sollte es dennoch zum Stick-Slip-Effekt bei Kugelgewindetrieben kommen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, darunter:
- Verwendung von Schmiermitteln
- Präzise Fertigung und Materialauswahl
- Vermeidung von übermäßiger Belastung
- Einsatz von Baugruppen ohne Axialspiel oder mit einstellbarem Axialspiel
- Verspannen der Baugruppe zum Erhöhen der Steifigkeit
Berechnung der Lebensdauer von Kugelgewinden
Die Lebensdauer von Kugelgewindetrieben lässt sich über die dynamische Tragzahl berechnen. Sie definiert sich aus der Gesamtzahl der Umdrehungen, Zeit oder Entfernung, nach welcher die Kugellagerflächen oder Kugeln beginnen, sich abzublättern. Für die Betriebsstunden Lh gilt die folgende Formel:
- Lh = Nutzungsdauer in Stunden (h.)
- C = Dynamische Tragzahl (N): Eine Axiallast, die auf eine Gruppe gleicher Kugeln wirkt und bei der 90% der Prüflinge 1 Mio. Umdrehungen ohne Abblättern der Rollflächen erreichen können
- Pm = Mittlere Axiallast (N)
- Nm = Mittlere Drehzahl (min-1)
- fw = Arbeitsfaktor, Beispiele: Betrieb ohne Stoßbelastung fw = 1.0 bis 1.2 | Normaler Betrieb fw = 1.2 bis 1.5 | Betrieb mit Stoßbelastung fw = 1.5 bis 2.0
Folgende Angaben für die Nutzungsdauer sind üblich: 10.000 Std. für Industriemaschinen, 20.000 Std. für Werkzeugmaschinen, 15.000 Std. für Automatisierungseinrichtungen und Messinstrumente.
Auswahl von Kugelgewindetrieben
Die Auswahl des geeigneten Kugelgewindetriebs hängt von mehreren Faktoren ab, darunter Lastanforderungen, Geschwindigkeiten, Genauigkeitsansprüche und die Umgebung, in der er eingesetzt wird. In CNC-Maschinen gewährleisten Kugelgewindetriebe präzises Gravieren und Fräsen, während in 3D-Druckern schichtgenaue Druckqualität erreicht wird. Robotik profitiert von präziser Bewegungssteuerung der Gelenke, Werkzeugmaschinen von hochgenauen Bearbeitungsprozessen.
Zuerst sollten daher die Betriebsbedingungen des Kugelgewindetriebs, wie Positioniergenauigkeit, Hub, Fahrgeschwindigkeiten, Standzeit etc. spezifiziert werden. Im nächsten Schritt wird eine Vorauswahl des Kugelgewindetriebs anhand der Führungsgenauigkeit, des Axialspiels und der zu erwartenden Lasten getroffen. Abschließend ist die zulässige Axiallast, die zulässige Drehzahl und die erwartete Lebensdauer zu prüfen. Dimensionieren Sie Ihren MISUMI Kugelgewindetrieb mit unserem Auswahlverfahren. Bei MISUMI finden sich für viele Anwendungen passende Kugelgewindetriebe, Ausgleichskupplungen und Kugellager.