Linearsysteme - Stabilität und Präzision durch Kombination von Lineareinheiten mit Linearführungen
In modernen Produktions- und Automatisierungssystemen sind Präzision und Stabilität entscheidend für Qualität und Effizienz. Die richtige Kombination von Lineareinheiten und Linearführungen optimiert nicht nur die Bewegungsgenauigkeit, sondern erhöht auch die Systemsteifigkeit, Lebensdauer und Tragfähigkeit. In diesem Blog beleuchten wir, wie Sie durch die gezielte Auswahl und Integration von Lineareinheiten und zusätzlichen Führungen die Leistungsfähigkeit Ihrer Maschinen steigern – von der optimalen Dimensionierung über Lastverteilungskonzepte bis hin zu praktischen Umsetzungsstrategien für anspruchsvolle industrielle Anwendungen.
Linearsystem, Lineareinheit, Linearführung
Ein Linearsystem ist eine mechanische Baugruppe, die eine präzise, geradlinige Bewegung ermöglicht. Es kombiniert verschiedene Komponenten wie Lineareinheiten, Linearführungen, Linearantrieb wie zum Beispiel Kugelgewindetriebe, Zahnriemen oder Linearmotoren und eine Steuerungselektronik. Linearsysteme finden Anwendung im Maschinenbau, in der Automatisierungstechnik, Robotik und in vielen anderen Industriebereichen, in denen eine hochpräzise und wiederholbare Bewegung erforderlich ist.
Eine Lineareinheit ist eine vormontierte, antriebsgestützte Bewegungseinheit, die eine kontrollierte, lineare Bewegung realisiert. Sie besteht typischerweise aus einem Antriebssystem (z.B. Kugelgewindetrieb oder Zahnriemenantrieb) und einer integrierten Führung, die den Verfahrweg stabilisiert. Lineareinheiten werden als Linearmodule in Maschinen und Anlagen eingesetzt, um präzise Positionierungen oder automatisierte Bewegungen effizient umzusetzen.
Eine Lineareinheit mit Spindelantrieb bietet besonders hohe Positioniergenauigkeit und eignet sich ideal für Anwendungen mit moderaten Geschwindigkeiten, wie in CNC-Maschinen oder der Messtechnik. Direkt angetriebene Lineareinheiten mit Linearmotoren ermöglichen hingegen hochdynamische Bewegungen mit maximaler Präzision und werden häufig in Automationssystemen für Bewegung mit hohen Geschwindigkeiten eingesetzt. Für schnelle und lange Verfahrwege bietet sich eine Lineareinheit mit Zahnriemen an, da sie eine hohe Dynamik bei geringem Wartungsaufwand gewährleistet. Bei besonders hohen Lasten kommen Schwerlast-Lineareinheiten zum Einsatz, die besonders robust konstruiert und speziell auf höhere Last ausgelegt sind.
Eine Linearführung ist eine mechanische Komponente ohne eigenen Antrieb. Sie ermöglicht eine reibungsarme und exakte lineare Bewegung, indem sie ein bewegliches Element (z.B. einen Schlitten) entlang einer festen Bahn führt. Sie besteht meist aus Führungsschienen und Laufwagen mit Kugel- oder Rollenlagern. Linearführungen sorgen für Stabilität, reduzieren Reibung und ermöglichen hohe Lastaufnahmen bei gleichbleibender Präzision. In industriellen Anwendungen sind sie maßgebend für die Genauigkeit und Langlebigkeit von Linearsystemen.
Kriterien bei der Auswahl von Lineareinheiten
Bei der Auswahl einer geeigneten Lineareinheit spielen neben offensichtlichen Parametern wie Hub, Last oder Positioniergenauigkeit auch eine Reihe weiterer Faktoren eine wichtige Rolle. Insbesondere dann, wenn es um die wirtschaftliche und technische Optimierung in industriellen Anwendungen geht, lohnt es sich hier ein wenig genauer hinzuschauen. Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Position der Last und die daraus resultierende tatsächliche Wirkrichtung der durch aufgebrachte Lasten entstehenden Kräfte. Sie beeinflussen direkt die Krafteinleitung in Führung und Antrieb. Während mittig platzierte Lasten zu einer gleichmäßigen Belastung und minimaler Reibung führen, erzeugen seitliche oder exzentrische Kräfte zusätzliche Kippmomente, die zu höherem Verschleiß und einer reduzierten Lebensdauer führen können. In solchen Fällen sind konstruktive Maßnahmen wie zusätzliche Führungen oder breitere Wagenaufnahmen ein geeigneter Weg, um die Stabilität zu erhöhen und so eine lange Standzeit des gesamten Linearsystems zu sichern.
Ein weiteres zentrales Kriterium ist die Verfahrgeschwindigkeit: Hochdynamische Anwendungen in der Automatisierung erfordern schnell beschleunigende, leichtgängige Lineareinheiten mit möglichst geringem Eigengewicht. Gleichzeitig beeinflusst die Geschwindigkeit auch die Auswahl des Antriebskonzepts sowie die Auslegung der Führung. Auch Kosten und Platzbedarf sind bei der Projektierung nicht zu unterschätzen. Kompakte Bauformen ermöglichen eine höhere Integrationsdichte und sparen wertvollen Bauraum, insbesondere bei modularen Maschinenkonzepten. Hier kann z. B. eine geschickte Kombination aus Linearführung und Lineareinheit eine kostengünstigere Alternative zu einer größer dimensionierten Lineareinheit sein.
Die Wartungsfreundlichkeit und Fehleranfälligkeit wiederum wirken sich unmittelbar auf Betriebskosten und Anlagenverfügbarkeit aus. Einfach zugängliche Schmierpunkte oder wartungsarme Konstruktionen sorgen für einen reibungslosen Betrieb über lange Zeiträume hinweg. Nicht zuletzt kann eine gezielte Gewichtsersparnis durch leichte Materialien oder kompakte Baugruppen dazu beitragen, die Energiebilanz und Dynamik des Gesamtsystems zu verbessern.
Unterstützung durch Führungssysteme zur Hauptlastaufnahme
Bei der Verwendung einer einzelnen Profilschienenführung können Rollmomente bzw. Gier- und Nickmomente entstehen. Dadurch wird der Wagen stark belastet und neigt zu Verdrehung oder Kippen.
Die Lastaufnahme von Momenten in Nickrichtung kann meist relativ einfach durch den Einsatz mehrerer Wagen auf einer Führungsschiene verbessert werden. Gleichzeitig wird die Führung belastbarer und widerstandsfähiger gegenüber Roll- und Giermomenten. Um auf die Führungswagen einwirkende Rollmomente zu reduzieren und möglichst zu verhindern, sind doppelte Schienenführungen geeignet.
Falls die Standardführung einer Lineareinheit nicht ausreicht, kann eine zusätzliche Führung sinnvoll sein, die Gesamtstabilität, Tragfähigkeit und Lebensdauer zu verbessern. Es gibt mehrere Möglichkeiten, zusätzliche Führungssysteme zur Unterstützung der Hauptlast in ein bestehendes Linearsystem zu integrieren. Worauf dabei im Detail zu achten ist – insbesondere in Bezug auf zulässige Kräfte und Momente – wird in unserem Blog über Zulässige Lasten von Linearführungen erläutert.
Kombination aus zwei Profilschienenführungen
Die Kombination aus zwei Profilschienenführungen bietet die höchste Präzision und Stabilität. Durch die Verwendung von zwei parallel angeordneten Profilschienenführungen wird die Verwindungssteifigkeit maximiert, wodurch auch hohe Lasten bei gleichbleibender Präzision bewegt werden können.
Bei Systemen mit zwei parallelen, einfach geführten Linearführungen wird zwar der Einfluss der Rollmomente reduziert, es besteht aber ein Restrisiko für Verkanten oder einen unsauber laufenden Schlitten - insbesondere bei exzentrischer Last oder ungleichmäßiger Krafteinleitung. Dies kann zu einem höheren Reibwiderstand, ungleichmäßigem Verschleiß und letztlich zu einer geringeren Lebensdauer führen. Im Gegensatz dazu bieten 2-fach geführte Systeme - beispielsweise mit zwei Führungswagen auf einer Schiene - eine deutlich bessere Stabilität gegen Gier- und Nickmomente. Durch die größere Auflagefläche und die bessere Momentaufnahme läuft die Einheit ruhiger, präziser und ist so oft langlebiger. 4-fach-geführte Systeme, bei denen zwei Profilschienen mit je zwei Führungswagen verwendet werden, bieten eine noch höhere Steifigkeit, minimieren auftretende Momente und ermöglichen auch bei hohen dynamischen Belastungen oder außermittigen Lasten eine hervorragende Laufruhe und Wiederholgenauigkeit.
Bei der Konfiguration aus einem einfachen Linearkugellager auf einer einzelnen Linearwelle kann das Lager ausschließlich radiale Kräfte aufnehmen. Rollmomente können nicht aufgenommen werden. Momente in Nick- oder Gierrichtung werden da sie aus einem Hebel und einer radialen Kraft bestehen werden über die Längsachse aufgenommen.
Werden zwei Linearlager auf derselben Welle eingesetzt, verbessert sich die Führungseigenschaft zwar in Bezug auf Nick- und Giermoment (in Bewegungsrichtung), das Rollmoment kann jedoch immer noch nicht aufgenommen werden. Erst mit dem Einsatz zweier paralleler Linearführungen mit jeweils einem oder mehreren Linearlagern wird das System stabil gegen Rollmomente.
Eine etwas teurere, aber meist immer noch kostengünstige Alternative bietet die Kombination eines auf einer Linearwelle geführten Linearkugellagers mit einer ergänzenden Profilschienenführung. Diese Hybridlösungen sind zwar etwas kostenintensiver als rein wellengeführte Systeme, bleiben aber meist günstiger als Lösungen die komplett auf Profilschienenführungen mit mehreren Wagen und Schienen setzen. Auch benötigt die kombinierte Variante etwas weniger Platz als eine Umsetzung mit zwei parallel eingesetzten Profilschienenführungen. In der einfachen Ausführung wird eine Linearwelle mit einem Linearkugellager parallel zu einer Profilschiene mit einem Führungswagen kombiniert. Diese Variante bietet eine solide Führung. Die erweiterte Ausführung setzt auf zwei Linearkugellager pro Linearwelle und zwei Führungswagen pro Profilschiene. Diese Konfiguration ist hinsichtlich Stabilität, Laufruhe und Präzision nochmals verbessert, da sowohl die Krafteinleitung als auch die Momentabstützung gleichmäßiger erfolgt.
Für Anwendungen mit besonders hohen Anforderungen an Präzision, Steifigkeit und Belastbarkeit sind rein profilgeführte Systeme mit mehreren Führungswagen oft die beste Lösung. Diese zählen zu den hochwertigsten, aber auch kostenintensivsten Varianten. In der Konfiguration mit zwei parallelen Profilschienenführungen und jeweils einem Führungswagen ergibt sich bereits eine sehr gute Stabilität gegenüber Nick-, Gier- und Rollmomenten. Noch leistungsfähiger ist die Variante mit zwei parallel eingesetzten Profilschienenführungen und jeweils zwei Führungswagen pro Schiene. Durch die insgesamt vier Wagen verteilt sich die Kraft besonders gleichmäßig auf das System, was die Einheit extrem verwindungssteif macht. Bei dieser Anordnung treten im einzelnen Wagen nahezu keine Momente mehr auf da das reale Moment nur noch als reine Kraft auf den Wagen einwirkt.
Weitere Kombinationsmöglichkeiten für Linearsysteme
Es gibt noch weitere zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten aus Profilschienen, Führungswagen und Lagerarten, die sich je nach Anwendung gezielt miteinander verbinden lassen. Je nach Anforderungen an Präzision, Steifigkeit, Dynamik und Kosten ergeben sich daraus maßgeschneiderte Lösungen für unterschiedlichste Einsatzbereiche im Maschinenbau und in der Automatisierung.
Parallele Anordnung von zwei oder mehr Lineareinheiten
Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung der Lastaufnahme besteht in der parallelen Anordnung von zwei oder mehreren Lineareinheiten. Wenn eine einzelne Einheit an ihre Belastungsgrenze stößt, können weitere, parallel installierte Einheiten die Last teilen und so die Durchbiegungseffekte minimieren. Diese Konfiguration verteilt die Kräfte gleichmäßiger, was zu einer höheren Steifigkeit und verlängerten Lebensdauer der Komponenten führt. Das folgende Beispiel zeigt eine Baugruppe mit einer integrierten doppelten Profilschienenführung.
Einsatz zusätzlicher Profilschienenführungen mit separatem Führungsschlitten
Eine zusätzliche Profilschienenführung mit separatem Führungsschlitten sorgt für eine gleichmäßigere Lastverteilung. Dadurch wird die Stabilität des Gesamtsystems erhöht, da die zusätzliche Führung insbesondere bei langen Hüben oder bei seitlich wirkenden Kräften zusätzliche Unterstützung bietet und Kippmomente reduziert.
Kombination aus einer Profilschienenführung und einem Linearkugellager
Für Anwendungen, die eine gute Präzision erfordern, aber nicht die höchsten Anforderungen an die Steifigkeit stellen, ist die Kombination aus einer Profilschienenführung und einem Linearkugellager eine kostengünstigere Alternative. Diese Konfiguration bietet eine ausgewogene Kombination aus Stabilität und Präzision bei gleichzeitig reduzierten Kosten. Das Linearkugellager bietet eine präzise Führung, während die Profilschienenführung neben der Führungsaufgabe gleichzeitig die Verwindungssteifigkeit und Belastbarkeit erhöht.
Kombination aus einer Profilschienenführung und einem Lineargleitlager
Wenn die Kosten das Hauptkriterium sind, stellt die Kombination aus einer Profilschienenführung und einem Lineargleitlager eine der günstigsten Lösungen dar. Lineargleitlager sind deutlich kostengünstiger als Profilschienenführungen und bieten eine einfache, wartungsarme Führung. Sie sind jedoch nicht in der Lage, die gleiche Präzision oder Steifigkeit zu gewährleisten wie beispielsweise Profilschienenführungen mit vorgespannten Führungswagen oder andere Optionen.
Beispiele von Linearsystemen
Im folgenden zwei Konstruktionsbeispiele:
Vorteile einer zusätzlichen Linearführung
Die Kombination einer Lineareinheit mit einer zusätzlichen Linearführung bietet zahlreiche Vorteile, insbesondere in anspruchsvollen industriellen Anwendungen, in denen Stabilität, Präzision und Langlebigkeit gefragt sind.
Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die Lineareinheit kleiner dimensioniert werden kann, da die zusätzliche Führung die Kräfte auf mehrere Komponenten verteilt und so eine kompaktere Bauweise ermöglicht. Dadurch lassen sich Materialeinsparungen realisieren, ohne dass die Tragfähigkeit oder die Lebensdauer darunter leiden.
Gleichzeitig sorgt die zusätzliche Linearführung für eine deutlich erhöhte Verwindungssteifheit. Insbesondere bei langen Hüben oder asymmetrischen Belastungen reduziert sich das Risiko von Durchbiegungen oder unerwünschten Schwingungen erheblich. Dies verbessert nicht nur die Gesamtpräzision des Systems, sondern trägt auch zur Stabilität unter dynamischer Last bei.
Ein weiterer positiver Effekt ist, dass die Belastung der eigentlichen Lineareinheit reduziert wird. Die Führung nimmt einen Großteil der auftretenden Kräfte und Momente auf, wodurch der Antriebsmechanismus – sei es ein Kugelgewindetrieb, ein Zahnriemen oder ein Linearmotor – entlastet wird. Die geringeren mechanischen Beanspruchung reduziert den Verschleiß und verlängert die Lebensdauer des gesamten Systems.
In einigen Fällen kann diese Kombination auch zu Platzersparnis führen, abhängig von der Bauweise der verwendeten Komponenten. Beispielsweise lassen sich flachere und kompaktere Konstruktionen realisieren, wenn die zusätzliche Führung in die bestehende Maschinenstruktur integriert wird. Allerdings hängt dieser Vorteil stark von der spezifischen Anwendung und der gewählten Bauform ab.