Röllchenbahnen / Rollenbahnen / Rollenleisten - Aufbau, Funktion und Vorteile

In der Fördertechnik gewährleisten Rollenbahnen den effizienten Transport von Produkten, Waren und Materialien. Vor allem in der Logistik, aber auch in vielen anderen Branchen und diversen Fertigungsprozessen sind sie von unschätzbarem Wert. Wie Rollenbahnen aufgebaut sind, wie sie funktionieren und welche Varianten es gibt, wird in diesem Artikel besprochen.

Begriffe - Röllchenbahnen, Rollenbahnen und Rollenleisten

Röllchenbahnen oder auch Rollenbahnen sind Transportsysteme, bei denen über mehrere Rollenleisten oder zusammenhängende Rollensysteme Güter transportiert werden. Bei Röllchenleisten bzw. Rollenleisten sind mehrere Rollen entlang einer Schiene montiert. Die Rollen können sich entweder frei drehen oder werden über einen Motor angetrieben. Einzelne Röllchenleisten eignen sich vorrangig für geringe Lasten.

Verschiedene Röllchenbahnen
Verschiedene Röllchenbahnen

Die Unterscheidung zwischen Röllchenbahn und Rollenbahn bezieht sich auf Größe und Umfang des Transportsystems und der zu transportierten Last: Röllchenbahnen transportieren kleinere und leichtere Objekte, während Rollenbahnen sich für schwere Lasten eignen und insgesamt breiter und größer sind. Synonym kann man auch den Begriff Rollenförderer verwenden.

Beispiel für eine Rollenbahn
Beispiel für eine Rollenbahn

Aufbau von Rollenförderern

Rollenförderer bestehen aus mehreren Komponenten:

  • Rollen: Rollen sind der zentrale Bestandteil. Sie sind typischerweise zylindrisch, und können z.B. aus Gummi, Metall oder Kunststoff bestehen. Die Rollen können in einer Rollenleiste oder Rollenbahn verbaut sein.
  • Rahmenstruktur: Sogenannte Wangen bzw. Förderbandrahmen bilden das Grundgerüst der Rollenförderer. Sie sind z.B. mit Löchern und Öffnungen versehen, in denen dann Rollen, Distanzrohre und andere Elemente befestigt werden können.
  • Stützstruktur: Besteht aus Rollenbahnständern, die das Gesamtkonstrukt abstützen.
  • Antriebssystem (optional): Die Rollenbahnen können sowohl selbstlaufend als auch angetrieben sein.
  • Steuerung und Sicherheitseinrichtungen: Die Steuerung regelt den Betrieb (z.B. Geschwindigkeiten) und sorgt für einen idealen Materialfluss. Sicherheitseinrichtungen stoppen den Betrieb ggf. automatisch, sobald sie Gefahren erkennen.
Beispielhafter Aufbau eines Rollenförderers
Beispielhafter Aufbau eines Rollenförderers

Einen weiteren beispielhaften Aufbau findet man auch direkt bei MISUMI. Hier dargestellt ist eine sogenannte Röllchenbahn für die Body-in-white-Produktion (Teil der Produktion von Karosserien, bei dem die einzelnen Teile miteinander verbunden werden, z.B. durch Schweißen). Sie besteht aus Aluminiumprofilen, Röllchenbahnen, NAAMS-Komponenten und Sensoren.

Aufbau einer Röllchenbahn für eine Body-in-white-Produktion
Aufbau einer Röllchenbahn für eine Body-in-white-Produktion

Funktionsweise

Durch die Rollen wird es ermöglicht, Objekte leicht entlang einer Bahn zu bewegen. Auch schwere Güter können so ohne großen Aufwand über weite Strecken innerhalb der Produktionskette transportiert werden.

Rollenbänder gibt es in verschiedenen Ausführungen. Schwerkraft-Rollenbahnen werden z.B. durch die Schwerkraft und nicht durch motorisierte Antriebe getrieben. Das physikalische Prinzip dahinter ist einfach: Platziert man Objekte auf einer geneigten Oberfläche, werden diese automatische von der Schwerkraft nach unten gezogen. Die Rollen unterstützen diese Bewegung.

Weitere Varianten sind z.B. motorisierte Röllchenbahnen oder angetriebene Rollenleisten.

Selbstlaufende Rollenbahnen

Rollenbahnen können völlig ohne Energieversorgung funktionieren, wenn die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Damit das System funktioniert, ist der Neigungswinkel von entscheidender Bedeutung. Dieser sollte so gewählt werden, dass ein Gefälle zwischen 2,5% und 5% eingehalten wird. Die erforderliche Neigung ist abhängig von Gewicht und Oberflächenbeschaffenheit der zu fördernden Güter. Je leichter das Fördergut, desto höher sollte der Neigungswinkel sein. Auch wenn die Oberflächenbeschaffenheit der zu transportierenden Teile uneben ist, muss ggf. auf ein größeres Gefälle geachtet werden. Für schwere Fördergüter, ggf. mit glatter Oberfläche, reicht ein geringerer Neigungswinkel. Bei einem zu hohen Neigungswinkel würde ggf. der Transport zu sehr beschleunigt werden, was unter Umständen zu Beschädigungen oder Herunterfallen führen kann. Bei der Konstruktion ist außerdem die Höchsttragfähigkeit der einzelnen Rollenachsen zu beachten: Sollen z.B. Fördergüter mit bis zu 40 kg transportiert werden, die Höchsttragfähigkeit der Einzelachse beträgt aber nur 10 kg, müssen jederzeit mindestens 4 Achsen unter der Gesamtlänge des Förderguts verteilt sein. Im genannten Beispiel lässt sich auch der Achsabstand wie folgt berechnen:

a_d = l_{cg} \cdot 0.4
  • ad - Achsabstand
  • lcg - Länge Fördergut

Als Grundregel gilt aber immer: Es müssen sich mindestens 3 Achsen unter dem Fördergut befinden, da das geförderte Gut sonst kippen und verkeilen kann und der Förderer so komplett zum Stillstand kommt.

Angetriebene Rollenbahnen

Vor allem beim horizontalen Fördern funktioniert der Selbstantrieb durch Schwerkraft nicht mehr. Zur Überwindung von Steigungen und Gefällen kommen angetriebene Rollenbahnen zum Einsatz. Auch eignen sich angetriebene Rollenbahnen für folgende Szenarien:

  • Eine präzise Steuerung der Fördergeschwindigkeit und Förderrichtung ist erforderlich.
  • Lange Förderstrecken müssen überwunden werden. Bei selbstlaufenden Rollenbahnen ist hier die Schwerkraft oft nicht ausreichend, um das Material kontinuierlich zu bewegen.
  • Sehr schwere Lasten müssen transportiert werden. Auch hier reicht die Schwerkraft bei selbstlaufenden Rollenbahnen ggf. nicht.
  • Es gibt zusätzliche Sicherheitsanforderungen, die eine kontrollierte Bewegung nötig machen.

Die Berechnung der Tragfähigkeit erfolgt wie bei selbstlaufenden Rollenbahnen.

Bandförderer

Bandförderer sind eine Alternative zu angetriebenen Rollenbahnen. Bandförderer eignen sich unter anderem zur Überbrückung von Höhenunterschieden. Durch unterschiedliche Materialien für das Rollenband können verschiedene Anwendungsfälle abgedeckt werden:

  • PVC-Bänder: gute chemische Beständigkeit, vielseitig einsetzbar, kostengünstig.
  • PU-Bänder: hohe Abriebfestigkeit, resistent gegen Öle und Fette.
  • Gummibänder: hohe Reißfestigkeit und Abriebfestigkeit, dämpfen gut.
  • Silikonbänder: hitzebeständig, gute Gleiteigenschaften.
  • Teflonbänder: sehr hitzebeständig, chemisch inert, antihaftbeschichtet.
  • Metallbänder: besonders langlebig und robust, hitzebeständig.
  • Spezialbänder: für spezifische Anforderungen entwickelt, z.B. ESD-sensitive Anwendungen (das Rollenband leitet statisch ab).

Die Auswahl des Materials hängt von Art des Transports und der Fördergutoberfläche ab. Bei Bandförderern mit Plattenbandförderung ist z.B. die Reibung zwischen Fördergut und Band besonders hoch, wodurch sich gleichzeitig aber auch die Zugfähigkeit verringert, d.h. das Band kann weniger Spannung aushalten. Es muss daher immer abgewogen werden, welches Band zum Einsatz kommt.

Für mehr Informationen zum Thema lesen Sie gern auch unseren Artikel Fördertechnik - Gurtförderer.

Exkurs: Materialrutschen

Je nach Anwendung kann es auch Sinn machen, als Alternative eine Materialrutsche einzusetzen, z.B. für Materialien, die nicht stoßempfindlich sind. Vorteile von Materialrutschen sind: Das System ist sehr einfach und sie benötigen keine eigene Energiezufuhr, da sie sich ähnlich den selbstlaufenden Rollenbahnen die Schwerkraft zu Nutze machen.

Verschiedene Materialrutschen
Verschiedene Materialrutschen

Allerdings gibt es in der Praxis auch einige Probleme: Die Fördergeschwindigkeit und Förderrichtung des Materials lässt sich nicht gut kontrollieren und es kann zu Materialstau kommen. Das mindert die Prozesssicherheit. Außerdem sind Schwerkraft und Reibungskräfte schwer zu berechnen. Für die bessere Kontrolle der Förderrichtung und einen besseren Materialfluss können aber Führungsschienen verbaut werden.

Generell empfiehlt sich der Einsatz von Materialrutschen daher v.a. für kurze und einfache Transportwege.

Auswahlkriterien für Rollenbahnen

Bei der Auswahl von Rollenbahnen ist die Rollenbreite ein wichtiges Merkmal. Zur korrekten Bestimmung sind die Außenmaße des Förderguts ausschlaggebend. Als Faustregel gilt: Die Walzen sollten mindestens 50 mm breiter sein als das Fördergut. Handelt es sich um Palettenware, können die Walzen ggf. auch schmaler ausfallen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass das Fördergut nicht mit dem Rahmen der Rollenbahn in Berührung kommt.

Bei der Auswahl von Rollenbahnen muss auch die neigungsbedingte Eigenrollbewegung verschiedener Materialien mitberücksichtigt werden:

Neigungsbedingte Eigenrollbewegung nach Material
Neigungsbedingte Eigenrollbewegung nach Material
  • x- Achse: Gewicht des Fördermaterials
  • y- Achse: cm Gefälle je Meter Länge
  • 1 - Material: Pappkasten
  • 2 - Material: Kunststoffkasten
  • 3 - Material: Stahlkasten

Bei Fördergut mit hartem Boden (Stahl, Kunststoff, usw.) empfiehlt sich der Einsatz von 3 Stufen (4 Rollen). Bei Fördergut mit weichem Boden (Karton, Kautschuk, usw.) empfehlen sich 5 Stufen (6 Rollen).

Verteilung der Rollen bei Fördergut mit weichem Boden
Verteilung der Rollen bei Fördergut mit weichem Boden
Verteilung der Rollen bei Fördergut mit hartem Boden
Verteilung der Rollen bei Fördergut mit hartem Boden

Der Durchmesser und Werkstoff berechnet sich aus folgender Tabelle mit verschiedenen Rollenfestigkeiten:

Festigkeit pro Rolle
Rollenwerkstoff Rollendurchmesser Festigkeit der Walze (N)
W113 W213 W313 W413 W513
Kunststoff 20 mm 113 105 98 90 83
30 mm 162 154 147 139 132
50 mm 314 304 294 289 279
Stahl 19.1 mm 618 530 343 294 206
28.6 mm 1236 1059 687 588 412
38.1 mm 1342 1342 922 785 588

Je nach Boden des Förderguts lässt sich der geeignete Werkstoff und Außendurchmesser der Förderrollen anhand der folgenden Tabelle ermitteln. Wobei 1N der Geichtskraft von etwa 100g entsprechen.

Auswahl von Rollenabstand, Werkstoff und Durchmesser Wählen Sie eine Rollenbreite entsprechend der Grundfläche des Förderguts.
Boden des Förderguts Erforderlicher Mindestabstand Werkstoff, Durchmesser
Fördergut mit hartem Boden: (Stahl, Kunststoff, usw.) 3 Stufen (4 Rollen) Wählen Sie den Werkstoff und den Außendurchmesser aus Tabelle: Festigkeit pro Rolle entsprechend der Formel für die Einschränkungen "Tabelle 1 Festigkeit x 4 ≥ Gewicht des Förderguts"
Fördergut mit weichem Boden: (Karton, Kautschuk, usw.) 5 Stufen (6 Rollen) Wählen Sie den Werkstoff und den Außendurchmesser aus Tabelle: Festigkeit pro Rolle entsprechend der Formel für die Einschränkungen "Tabelle 1 Festigkeit x 6 ≥ Gewicht des Förderguts"
Hinweis: Wenn das Fördergut beim Laden auf die Rollenbahn aufschlägt, erhöht sich die Stoßlast um das 1.5- bis 3-fache. Berücksichtigen Sie dies bei der Auswahl einer ausreichenden Lastkapazität.
Blick auf einen Rollenförderer
Blick auf einen Rollenförderer

Vorteile und Nachteile von Rollenbahnen

Rollenbahnen steigern die Effizienz bei der Material- oder Warenbewegung und spielen eine große Rolle bei der Automatisierung von Produktions- und Logistikprozessen. Durch den modularen Aufbau können Rollenbahnen leicht an unterschiedliche Anforderungen angepasst werden. Der Wartungsaufwand fällt in der Regel gering aus, sodass Rollenbahnen generell eine lange Betriebszeit ohne Ausfälle haben.

Nachteile können sein: Die Erstanschaffungskosten fallen aufgrund spezialisierter Anwendungen höher aus und es können Sicherheitsrisiken durch unsachgemäße Handhabung entstehen (fallendes Fördergut usw.)

Reinigung und Wartung von Rollenbahnen

Sind die Rollen stark verschmutzt, erhöht sich auch die Oberflächenreibung und es muss mehr Kraft aufgebracht werden, um die Rollen weiterzubewegen. Es ist daher wichtig, die Rollen regelmäßig, vor allem in stark verschmutzten Umgebungen, zu reinigen. Wichtig ist, dass kein scharfkantiges Werkzeug zur Reinigung verwendet wird, sondern eine einfache Bürste oder ein feuchter Lappen für leichte Verschmutzungen.

Defekte Rollen sollten zeitnah ausgetauscht werden.