Lackbenetzungsstörende Substanzen - Was sind LABS?

Lackbenetzungsstörende Substanzen, kurz LABS, führen bei der Beschichtung von Materialien und Werkstücken zu mangelhaften Ergebnissen. Der Aufwand zur nachträglichen Ausbesserung ist enorm. Daher ist es wichtig, in der Produktion die LABS-Quellen zu kennen und ggf. vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Nachfolgend werden LABS-Quellen vorgestellt und Möglichkeiten zur Identifizierung und Beseitigung von LABS aufgezeigt.

Was sind lackbenetzungsstörende Substanzen?

Lackbenetzungsstörende Substanzen, kurz LABS, führen beim Lackiervorgang und auch bei Beschichtungen und beim Einsatz von Klebern zu Fehlern. Diese Fehler machen sich z.B. durch sogenannte Krater oder Benetzungsstörungen bemerkbar. Ursache für die Störung sind in der Regel bestimmte Verunreinigungen, die dazu führen, dass sich der Lack nicht mehr auf allen Stellen der Oberfläche gleichmäßig verteilt. Verunreinigungen können z.B. sein: Öle, Fette oder Silikone. Physikalisch gesehen ist eine unterschiedliche Oberflächenspannung verantwortlich: Die Verunreinigung hat eine höhere Oberflächenspannung als der Lack und das führt dazu, dass sich der Lack zurückzieht. Krater können z.B. bis zur Oberfläche selbst gehen, d.h. diese liegt weiterhin offen und bildet eine Angriffsfläche. Bei Benetzungsstörungen ist die Störung der Filmbildung großflächiger und die Oberfläche kann nicht vollständig benetzt werden.

Von LABS-verursachten Fehlern zu unterscheiden sind: Einschlüsse, Blasen, Rückstände auf dem Substrat und Spritznebel.

Auswirkungen von LABS auf die Beschichtung
Auswirkungen von LABS auf die Beschichtung: (1) Beschichtung, (2) Oberfläche, (3) Lackbenetzungsstörende Substanz, (4) Hervorgerufener Beschichtungsfehler
Fehlerhafte Beschichtung
Fehlerhafte Beschichtung

Silikonfrei ist im Übrigen nicht gleichzusetzen mit LABS-frei. Silikonfrei bezieht sich ausschließlich auf das Nichtvorhandensein von Silikon. Es können durchaus noch andere Verunreinigungen auftreten oder andere lackbenetzungsstörende Substanzen vorhanden sein. Silikon war jedoch die erste Substanz, die als lackbenetzungsstörend aufgefallen ist. LABS-frei schließt neben Silikon auch noch andere Substanzen mit ein.

LABS-Quellen

Unabhängig vom Material gibt es auch zahlreiche externe Quellen, die zu LABS führen können:

  • Schmiermittel
  • Betriebs- und Hilfsmittel wie Reinigungsmittel, Schleifmittel, Poliermittel
  • Schläuche und Dichtmassen
  • personenbezogene LABS-Quellen wie Handcremes, Kosmetika, Nahrungsmittel, aber auch Kunststoffarmbänder, Fitnesstracker, Smartphone-Hüllen

Tatsächlich lässt sich jedoch nicht pauschalisieren, welche Substanz lackbenetzungsstörend auftritt oder nicht. Es muss immer die individuelle Wechselwirkung zwischen Umgebungsbedingungen, zu lackierender Oberfläche und der Art der Beschichtung beachtet werden.

LABS-Freiheit bzw. LABS-Konformität

Es gibt Materialien, wie z.B. Kunststoffe, die Weichmacher oder Trennmittel enthalten, die als lackbenetzungsstörende Substanz gelten. LABS-frei bedeutet, dass eben solche Substanzen nicht bereits im Material selbst vorkommen. Das ist aber nicht automatisch gleichzusetzen mit LABS-konform, ebenso wie LABS-Konformität auch nicht automatisch LABS-Freiheit bedeutet. LABS-konform muss immer im Kontext von Material und gewünschter Beschichtung bzw. Lackierung betrachtet werden. Die LABS-Konformität wird gemäß VDMA 24364 geprüft. Bei der Prüfung darf keine Lackbenetzungsstörung aufgetreten sein. Um den LABS-Standards zu entsprechen, können z.B. Tenside durch Eliminierung bestimmter Bestandteile so modifiziert werden, dass sie keine LABS mehr erzeugen. Tenside werden häufig in der Lackierbranche als Netzmittel oder Dispergiermittel eingesetzt. Es ist also durchaus nicht unüblich, dass ein an sich nicht LABS-freies Material bei einer Prüfung nach VDMA 24364 keine Benetzungsstörung zeigt und somit als LABS-konform gilt. Wichtig ist dabei zu beachten, dass das nur für das in der Prüfung verwendete Verfahren gilt. Andere Lacksysteme und Prüfverfahren können zu abweichenden Ergebnissen führen.

Einige Materialien lassen sich leichter LABS-frei bzw. LABS-konform machen. Gründe dafür sind, dass sie selbst z.B. keine LABS enthalten, die freigesetzt werden können oder aber aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften leichter zu reinigen sind.

Beispiel einer LABS-freien Andrückschraube bei MISUMI
Beispiel einer LABS-freien Andrückschraube bei MISUMI

LABS identifizieren - Das VDMA-Einheitsblatt 24364

Mit dem VDMA gibt es einen Expertenzusammenschluss, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Prüfung für LABS zu vereinheitlichen und dabei materialunabhängig und auf den individuellen Einsatz abgestimmt vorzugehen. Im VDMA-Einheitsblatt 24364 sind diese allgemeingültigen Prüfungen definiert. Wichtig ist dabei zu verstehen, dass es nicht möglich ist, ein allumfassendes Profil aller LABS darzulegen. Vielmehr soll die schädigende Wirkung im konkreten Einzelfall aufgezeigt werden.

Grundlegend sind zunächst immer folgende Frage für das zu beurteilende Produkt zu stellen:

  • Wird es im lackverarbeitenden Betrieb mit dem Lack (oder auch Kleber und andere Beschichtungssubstanzen) in Berührung kommen? Wird es mit der zu lackierenden Oberfläche in Berührung kommen?
  • Was sind ganz allgemein die Bedingungen am Einsatzort? Dazu zählen auch Umgebungstemperatur, Feuchtigkeit u.a. Parameter.

LABS-Zonen

Im VDMA-Einheitsblatt 24364 sind außerdem drei Zonen definiert, welche die Relevanz von LABS innerhalb eines Lackierbetriebs beschreiben und daraufhin auch unterschiedliche Anforderungen an die Sauberkeit der dort eingesetzten Produkte begründen.

In Zone I ist der direkte Lackiervorgang angesiedelt. Hier ist die LABS-Relevanz besonders hoch und die Sauberkeitsanforderungen am strengsten: Es dürfen keinerlei lackbenetzungsstörende Substanzen vorhanden sein.
Zone II befindet sich ebenfalls noch im Bereich der Lackverarbeitung, doch schon außerhalb der direkten Kontaktzone. In diesem Bereich ist ein gewisses Maß an Verunreinigungen tolerierbar, es sollten aber keine merklichen Lackfehler entstehen.
Zone III wird nicht mehr zur Lackverarbeitung gezählt, befindet sich aber noch innerhalb des Betriebs. LABS haben hier keine so hohe Relevanz mehr, sie würden den Lackierprozess nicht beeinflussen. Finden Produkte in mehr als einer Zone gleichzeitig Einsatz, müssen alle Zonenanforderungen erfüllt sein.

Beispielhafter Lackierprozess
Beispielhafter Lackierprozess

Anhand der Anforderungen lassen sich die Produkte in fünf Gruppen einteilen, welche je unterschiedlich geprüft werden. Gruppe A beinhaltet z.B. alle Produkte mit direktem Lack-, Lösemittel- oder Oberflächenkontakt; Gruppe B und C beinhaltet Produkte mit mittelbarem Kontakt zu diesen. Produkte der Gruppe T kommen bei hohen Temperaturen zum Einsatz und begründen dadurch eine LABS-Relevanz. In der Gruppe S befinden sich Substanzen, die auf die zu lackierende Oberfläche aufgetragen werden oder in die ersten beiden Zonen verschleppt werden können.

Prüfungen der LABS-Konformität nach VDMA-Einheitsblatt 24364

Für die Prüfung der LABS-Konformität nach VDMA-Einheitsblatt 24364 sind folgende Schritte notwendig:

  • Produktgruppe und Prüfklasse wählen.
  • Nulltest durchführen.
  • Prüfung durchführen, auswerten und dokumentieren.

Bei Auswahl der Produktgruppe und Prüfklasse helfen sowohl die bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts als auch die zuvor beschriebene Zoneneinteilung. Die Prüfklasse wird dann je nach Belastung bei bestimmungsgemäßer Verwendung gewählt. Vor der eigentlichen Prüfung ist der Nulltest unabdingbar. Dieser stellt sicher, dass alle verwendeten Prüf- und Arbeitsmittel sowie die Arbeitsumgebung selbst LABS-konform sind. Andernfalls kann nicht sicher bewertet werden, ob etwaige Fehler auf die Arbeitsumgebung oder den Prüfling selbst zurückzuführen sind. Ein Nulltest kann z.B. sein, die Prüfunterlage einmal der geplanten Prüfung zu unterziehen.

Im Anschluss findet die eigentliche Prüfung statt. Der Prüfling wird auf die Prüfunterlage gelegt, wo der Test stattfindet. Das kann z.B. das Spülen des Prüflings mit Lösemittel sein. Es wird gewartet, bis das Lösemittel vollständig verdunstet ist und anschließend wird der Lackierprozess durchgeführt. Im ausgehärteten Zustand wird der Lackfilm dann ausgewertet. Die Auswertung ist eine Sichtprüfung ohne zusätzliche Hilfsmittel. Als Ergebnis kommt entweder LABS-konform oder nicht LABS-konform in Frage. Eine Quantifizierung ist bei dieser Art Prüfung nicht das Ziel. Wichtig ist noch zu beachten, dass es LABS-abhängige und LABS-unabhängige Fehlerbilder gibt, z.B. sind Krater entstanden, die Oberfläche wurde aber durchgängig mit Lack benetzt. Das Produkt wäre in diesem Fall dennoch LABS-konform.

Vermeidungs- und Beseitigungsstrategien

Die Quellen für LABS sind vielzählig und es ist umso wichtiger, bereits vorab darauf zu achten, dass die Produktion LABS-konform ist. Produkte, die nicht LABS-konform sind, sollten aus der entsprechenden Fertigung entfernt werden. Alternativ gibt es verschiedene Methoden zur LABS-Reinigung, z.B. nasschemisch oder mit Hilfe von Plasma.

Wenn dann doch einmal Lackfehler auftreten, bleibt in der Regel nur das Abschleifen oder schlimmstenfalls die Entsorgung. Jedes Abschleifen bringt aber auch ein erneutes Säubern mit sich, außerdem muss das betroffene Teil erneut lackiert werden. Das verursacht hohe Kosten, weshalb Sauberkeit das oberste Kriterium bei der Verarbeitung und Vorbereitung von Lackierungen und Beschichtungen ist.