Reflexionsarme Oberflächen - LTBC und weitere Möglichkeiten
Reflektierende Oberflächen können in einigen Anwendungen zu Störungen führen und sogar die Ergebnisse z.B. in der Qualitätskontrolle oder bei optisch unterstützten Messungen beeinflussen. Bei der Oberflächenauswahl sollte das berücksichtigt werden. Doch wie lassen sich Reflexionen minimieren? In diesem Artikel werden verschiedene Möglichkeiten der Oberflächenbehandlung und Oberflächenbeschichtung vorgestellt. Insbesondere wird dabei das Low Temperature Black Chrome Plating, kurz LTBC oder auch Schwarzchromverfahren, erläutert.
Begriffe - Reflexion allgemein und in der Physik
Reflexion leitet sich aus dem lateinischen Wort "reflexio" ab, was Zurückbeugung bedeutet. Ganz allgemein bedeutet Reflexion, dass z.B. Wellen, Licht oder Schall auf eine Oberfläche treffen und von dieser zurückgeworfen werden. In der Physik bezieht sich Reflexion etwas konkreter auf die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer Welle. Hier gilt das Reflexionsgesetz (von lat. reflectere: zurückbeugen). Das Reflexionsgesetz besagt, dass der einfallende und der reflektierte Strahl sowie das Einfallslot eine gemeinsame Ebene bilden bzw. auf einer gemeinsamen Ebene liegen. Sowohl Einfalls- als auch Ausfallswinkel sind gleich groß.
Die Ausbreitung des Lichts lässt sich vereinfacht in Wellenform darstellen:
- t - Zeiteinheit
- x - Intervalle pro Zeit = Frequenz
- a - Amplitudenausschlag. Je höher der maximale Amplitudenausschlag ist, desto intensiver - also heller - erscheint das Licht.
- Je höher der Amplitudenausschlag ist und je kürzer die Intervalle, desto größer wird die transportierte Energie.
Außerdem ist der Lichtweg umkehrbar, d.h. wenn Licht aus Richtung des reflektierten Strahls einfällt, wird es in Richtung des einfallenden Strahls reflektiert.
Statt zu reflektieren, können Licht, Wellen u.a. Strahlen aber auch absorbiert und transmittiert werden. Bei der Absorption nimmt das Material, auf das ein Strahl auftrifft, diesen vollständig auf und wandelt ihn in eine andere Energieform um, wie z.B. Wärme. Bei der Transmission geht der Strahl komplett durch das Medium hindurch, ohne reflektiert oder absorbiert zu werden.
Gezielter Einsatz in der Technik
Reflexion, Transmission und Absorption lassen sich technisch gezielt einsetzen. Reflexion macht man sich z.B. bei folgenden Technologien zu Nutze:
- Optische Geräte: Licht, das von einem Spiegel reflektiert wird, z.B. in einer Kamera, lässt sich so gezielt lenken.
- Kommunikationstechnologie: Parabolspiegel z.B. reflektieren elektromagnetische Wellen. Dadurch wird Senden und Empfangen von Signalen möglich.
- Solartechnologie: Auch hier kommen Spiegel zum Einsatz, die gezielt Sonnenlicht konzentrieren, wodurch mehr Hitze erzeugt wird.
Transmission tritt z.B. bei Ultraschall auf. Die Ultraschallwellen durchdringen feste Materialien und liefern Bilder von der inneren Struktur.
Absorption kommt in der Optik zum Einsatz: Durch absorbierende Oberflächen wie z.B. schwarze Flächen kann Streulicht absorbiert und damit minimiert werden.
Störfaktor Lichtreflexion? Die Bedeutung reflexionsarmer Oberflächen
Nicht überall, wo Reflexion auftritt, ist diese auch gewünscht. Bei einigen Anwendungen kann Reflexion sogar negativen Einfluss nehmen. In der Qualitätskontrolle z.B. können Reflexionen Bilder verzerren. Ein Beispiel ist die Messung und Ausrichtung von Bauteilen. Beide sind Anwendungen, in denen Laser verwendet werden. Wird der Laserstrahl reflektiert oder verzerrt, führen die reflektierten Laserstrahlen zu einer Beeinträchtigung der Messgenauigkeit. Und auch in optischen Systemen wie z.B. Mikroskopen können Reflexionen die Bildqualität negativ beeinflusst und die Auswertung der Aufnahmen erschweren.
Reflexionsarme Oberflächen sind daher in vielen Systemen eine wichtige Komponente.
Einfluss verschiedener Oberflächen auf Reflexion
Der Reflexionsgrad variiert je nach Farbe des Materials, Oberflächenbeschaffenheit und bisheriger Oberflächenbehandlung. Das Licht wird in unterschiedlichem Maße reflektiert, gestreut und absorbiert.
* Die hier gezeigte Darstellung ist stark vereinfacht und greift nicht alle zum Tragen kommenden Phänomene auf.
Dunkle Oberflächen absorbieren im Allgemeinen mehr Licht, als helle Oberflächen und werfen viel weniger sichtbares Licht ins Auge zurück. Je weniger Licht reflektiert wird, desto dunkler erscheint auch eine Fläche.
Handelt es sich z.B. um ein glänzend helles Material (1a), wird das Licht direkt reflektiert. Da helle Materialien das Licht nicht besonders stark absorbieren, ist die einfallende Menge an Licht nahezu genauso groß wie die reflektierte Menge; es gibt wenig Streuung. Bei glänzend dunkler Oberfläche (1b) ist das ein wenig anders: Das Licht wird zwar auch direkt reflektiert, ein Teil des Lichts wird aber durch die dunkle Oberfläche bereits absorbiert. Das bedeutet, dass sich auch die Energiedichte des reflektierten Lichts verringert. Der Einfallswinkel ist gleich dem Ausfallswinkel.
Bei heller und dunkler seidenglänzender Oberfläche (2a und 2b) findet eine Kombination von direkter und diffuser Reflexion statt: In beiden Fällen ist die Energiedichte der gestreuten Rückstrahlung geringer. Bei der dunklen Oberfläche schwächt die erhöhte Absorption die Rückstrahlung jedoch stark ab. Auch hier ist der Einfallswinkel gleich dem Ausfallswinkel.
Bei matten Oberflächen (3a und 3b) ist die Richtung des zurückgeworfenen Lichts nicht mehr eindeutig bestimmbar; Einfalls- und Ausfallswinkel variieren. Ohne gezielte Ausrichtung trifft es ggf. wieder auf die Bauteiloberfläche und kann dort auch wieder absorbiert werden. Vor allem bei dunklen matten Flächen (3b) wird das teilweise mehrfach reflektierte Licht durch Absorption stark abgeschwächt und dabei ein Großteil des Lichtes absorbiert.
Wie lassen sich Reflexionen minimieren?
Reflexionen lassen sich am besten über verschiedene Arten der Oberflächenbehandlung minimieren. Die Oberfläche lässt sich z.B. durch Erhöhung der Rauheit verändern. Durch höhere Rauheit wird das einfallende Licht gestreut und diffus reflektiert. Methoden wären z.B.: Ätzen und Schleifen.
Eine weitere Option ist das Beschichten einer Oberfläche. Wobei diese Beschichtungen in Auftragsschichten oder Umwandlungsschichten (Konversionsschichten) unterschieden werden. Dazu gibt es verschiedene Verfahren, die nachfolgend im Detail vorgestellt werden.
Das LTBC-Verfahren
LTBC-Beschichtungen werden hauptsächlich zur Verbesserung des Korrosionsschutzes und Verringerung des Abriebs eingesetzt. Sie bieten jedoch noch einen weiteren Vorteil: LTBC-beschichtete Bauteile weisen aufgrund ihrer schwarzen Farbe auch ein minimiertes Reflexionsverhalten auf. Bei der LTBC-Beschichtung wird bei Temperaturen von unter 0 °C eine ca. 5 µm starke eloxierte Fluorpolymerschicht eindiffundiert und so unlösbar mit dem Material verbunden. Es entsteht eine legierte schwarze Oberfläche, die aufgrund ihrer Materialstärke keinen Einfluss auf die ursprünglichen Eigenschaften des Grundmaterials nimmt. Sie bietet jedoch einen langlebigen Korrosionsschutz und ist aufgrund der schwarzen Farbe gleichzeitig reflexionsarm. Bei vielen Beschichtungen kommt es durch mechanische Beanspruchung über die Zeit hinweg zu kleinsten Ablösungen. Genau dieses Problem wird mit dem Niedrigtemperatur-Schwarzverchromen (Low Temperature Black Chrome Plating, kurz LTBC) umgangen.
Weitere Verfahren zur Reduzierung der Reflexion
Es folgt eine Übersicht über weitere Oberflächenbehandlungen für Metall, welche Einfluss auf das Reflexionsvermögen nehmen können:
- Schwarz-Verchromen: Schwarzchrom-Beschichtungen bestehen aus Chromabscheidungen in unterschiedlichen Oxidationsstufen. Der amorphe Schichtaufbau führt dazu, dass die Oberfläche tiefschwarz erscheint und dadurch viel Licht absorbiert.
- Schwarz-Chromatieren: Die Metalloberfläche wird zu einer Chromatierschicht umgewandelt, wodurch eine einheitlich schwarze Oberfläche entsteht. Sie verbessert das Absorptionsverhalten und den Korrosionsschutz.
- Vernickeln: Vernickeln kann man sowohl galvanisch als auch chemisch. Die galvanische Vernicklung dient vorrangig der Optik und dem Korrosionsschutz von Metall. In beiden Varianten wird Nickel als zusätzliche Schicht auf das Material aufgetragen. So kann zum einen eine glatte, glänzende Oberfläche erzeugt werden, die zu einer gezielten Reflexion führt, aber zum anderen auch in Kombination mit einer aufgerauten Oberfläche eine matte Beschichtung erreicht werden, die das Licht diffus reflektiert.
- Lackierungen: Wird das Metall z.B. matt lackiert, lassen sich Reflexionen stark minimieren. Dieses Verfahren lässt sich leicht umsetzen und verbessert zusätzlich die Optik des Bauteils.
- Ätzverfahren: Die Materialoberfläche wird durch den Einsatz von Chemikalien aufgeraut. Das Licht wird folglich in unterschiedliche Richtungen gestreut, die Reflexion reduziert sich.
- Texturierung: Auch beim Texturieren ist es das Ziel, das Licht weiter zu streuen und so die Reflexion zu verringern. In diesem Fall wird eine Textur auf die Oberfläche aufgebracht.
- Oberflächenbeschichtung: Ähnlich dem Texturieren kann man auch verschiedene Schichten auf die Metalloberfläche aufbringen, z.B. Anti-Reflex-Schichten, Nanoschichten oder spezielle Absorptionsschichten.
- Brünieren: Auf der Stahloberfläche wird eine Eisenoxidschicht erzeugt. Diese ist dicht, schwarz und festhaftend. Zusätzlich wird die Oberfläche in Öl getaucht, um eine glänzende Oberfläche zu erhalten. Diese ist zwar optisch ansprechend, erhöht aber Reflexionen und ist in ihrer Schutzwirkung begrenzt. In Kombination mit anderen Verfahren wie Texturierung kann durch Brünieren (Schwarzfärben) eine deutliche Reduzierung von Reflexionen erreicht werden.
- Schwarze Anodisierung/Eloxierung: Durch Elektrolyse wird die Aluminiumoberfläche oxidiert. Im Zuge dessen werden schwarze Farbpigmente aufgebracht, die das Licht nahezu nicht mehr reflektieren.
Zur Oberflächenbehandlung bietet MISUMI eine Vielzahl an Möglichkeiten, siehe die nachfolgende Tabelle:
Oberflächenbehandlung | Beispielbild | Werkstoffe | Charakteristik |
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Chemisch vernickelt | alle metallischen Grundwerkstoffe z. B. Stahl, rostfreier Stahl, Kupfer, Aluminium, Messing usw. |
- hohe Korrosionsbeständigkeit - gute Abriebfestigkeit, jedoch empfindlich gegen Kratzer - gleichmäßige Schichtdicke über die gesamte Kontur des Werkstücks (Formtreue) - Oberfläche in einer Bandbreite von matt bis leicht glänzend möglich - Oberflächenfarbe: weißes Silber mit möglichen Farbstich - leicht glänzende bis matte Oberfläche führt zu teilweiser diffuser Reflexion |
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Chemisch schwarzvernickelt | alle metallischen Grundwerkstoffe z. B. Stahl, rostfreier Stahl, Kupfer, Aluminium, Messing usw. |
- ohne Vorbehandlung kaum Korrossionsschutz - eine vorherige chemische Vernickelung verbessert den Korrossionsschutz erheblich - spröde Beschichtung mit maximaler Schichtdicke bis ca. 2 µm - empfindlich gegen Kratzer - Oberfläche in einer Bandbreite von schwarz matt bis leicht glänzend möglich - leicht glänzende bis matte dunkle Oberfläche führt zu hoher Absorption mit teilweiser diffuser Reflexion |
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Brüniert | Stahl | - dünne Eisenoxid Beschichtung - gleichmäßige Schichtdicke, Schichtdickenaufbau beim brünieren vernachlässigbar - nur in Verbindung mit Öl ist ein Rostschutz gegeben - Oberflächenfarbe: Anthrazit bis Schwarz - glatte Texturen werden etwas matter, es entsteht ein Seidenmatt- Effekt mit guter Ölanhaftung - Seidenmatt Effekt in Verbindung mit dunkler Oberfläche führt zu einer verstärkten Absorption - je nach Oberflächenbeschaffenheit - diffuse Reflexion bis direkte Reflexion mit diffusem Anteil |
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Chromatiert (III-wertig), farblos | Grundmetalle wie Stahl, Aluminiumlegierungen, Magnesium usw. | - gute Korrosionsbeständigkeit - optisch ansprechende Oberfläche mit mattem Aussehen - gleichmäßige Schichtdicke über die gesamte Kontur des Werkstücks (Formtreue) - Metallcharakter der Oberfläche bleibt größtenteils erhalten - Matte Oberfläche führt zu diffuser Reflexion mit geringem Anteil direkter Reflexion |
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Chromatiert (III-wertig) schwarz | Grundmetalle wie Stahl, Aluminiumlegierungen, Magnesium usw. | - wie Chromatiert (III-wertig), farblos - schwarze Oberfläche - Matte Oberfläche in Verbindung mit dunkler Einfärbung führt zu einer verstärkten Absorption |
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Eloxiert (farblos) | Aluminium Legierungen (auch möglich bei z. B. Magnesium oder Titan) |
- gute Korrosionsbeständigkeit - gute Abriebfestigkeit bei entsprechnder Schichtdicke - Farbe von Aluminium - reduzierte Reflexion durch matte, fein strukturierte Oberfläche |
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Eloxiert (schwarz) | Aluminium Legierungen (auch möglich bei z. B. Magnesium oder Titan) |
- gute Korrosionsbeständigkeit - gute Abriebfestigkeit bei entsprechnder Schichtdicke - schwarze Oberfläche - stärker reduzierte Reflexion durch matte, fein strukturierte Oberflächemit - dunkle Oberfläche führt zu einer verstärkten Absorption |
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Schwarzverchromt | Stahl Kupfer rostfreier Stahl usw. |
- hohe Korrosionsbeständigkeit - hohe Abriebfestigkeit bei entsprechender Schichtdicke, aber Abplatzungen möglich - extrem dünne Schichtdicken möglich, für Teile mit hohen Präzisionsanforderungen - Oberflächenfarbe: anthrazit bis tiefschwarz - glänzend bis matt möglich - das Aussehen und Reflexionsverhalten der Chromschicht wird stark durch die Textur von Grundmaterial und ggf. Zwischenschicht beeinflusst |
An einem Bauteil können auch verschiedene Beschichtungen zum Einsatz kommen, siehe Abbildung:
Verschiedene Oberflächenbehandlungen an einem Präzisions-Positioniertisch
- Grundkörper links: chemische Nickelbeschichtung
- Grundkörper rechts: LTBC-Beschichtung
- Stellschrauben: klar eloxiert
Die hier genannten Verfahren stellen nur einen Teil der zum Erreichen einer reflexionsarmen Oberfläche möglichen Verfahren und Bearbeitungsmöglichkeiten dar. Welches Verfahren verwendet werden kann, hängt dabei nicht nur vom verwendeten Material, sondern auch vom gewünschten Einsatzzweck, den vorhandenen Einsatzbedingungen und der Art der Anwendung ab. Für viele Einsatzzwecke sind Bauteile mit reduzierter Reflexion wie beispielsweise Sockel, Winkel für Konstruktionsprofile oder Klemmringe für Wellen erhältlich.