Prüftechnik - Positionierung

Für eine Reproduzierbarkeit der Messwerte in der Mess- und Prüftechnik oder auch im Lehrenbau ist eine präzise Werkstückpositionierung essenziell. Nur wenn Werkstücke genau positioniert und fixiert werden, lassen sich Ist- und Soll-Zustände zuverlässig miteinander vergleichen. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen der Positionierung, stellt wichtige Komponenten vor und zeigt, wie moderne Prüfverfahren eine exakte Ausrichtung sicherstellen.

Bedeutung der genauen Position in der Messtechnik

Für reproduzierbare Ergebnisse in der Mess- und Prüftechnik bzw. im Lehrenbau ist es zwingend notwendig, dass die Werkstücke während des Prüfprozesses präzise ausgerichtet und fixiert werden. Dadurch wird eine identische Ausgangslage geschaffen, mit deren Hilfe sich der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand zuverlässig vergleichen lässt. Durchdachte Positionierungskonzepte sind das A und O im Vorrichtungsbau. Weitere Informationen zum Lehrenbau finden Sie in unserem Beitrag Lehrenbau erklärt: Prüfvorrichtungen für die Qualitätssicherung.

Besonders bei komplexen Geometrien müssen Auflageflächen so gestaltet sein, dass keine ungewollten Kippmomente entstehen, welche die Messergebnisse verfälschen können. Um Form- und Lagetoleranzen korrekt zu prüfen, ist es notwendig, das Werkstück in genau definierten Bezugssystemen zu fixieren - meist über eine Kombination aus Passstift (formschlüssig) und Anlagefläche (kraftschlüssig). Auch eine spannungsfreie Fixierung ist entscheidend, da bereits geringe Verformungen durch Spannkräfte das Messergebnis systematisch verfälschen können. Um dies zu verhindern, kommen oft definierte Spannkonzepte zum Einsatz, die eine eindeutige, reproduzierbare und toleranzausgleichende Werkstücklagerung ermöglichen.

Das 3-2-1-Prinzip ist solch eine Methode im Vorrichtungsbau, die dazu dient, ein Werkstück durch die Einschränkung seiner sechs Freiheitsgrade (drei Translationen und drei Rotationen) eindeutig zu positionieren. Sie sieht die Fixierung an 3 Punkten in der Hauptebene (bzw. Primärebene), 2 weiteren Fixierungspunkten in der Sekundärebene und einem Fixierpunkt in der Tertiärebene vor. Weitere Informationen zur Lagebestimmung lesen Sie in unserem Beitrag Lagebestimmung von Werkstücken in Positioniervorrichtungen.

Herausforderungen bei der Positionierung

Konstrukteure und Prüfer sehen sich immer wieder denselben Herausforderungen gegenüber: Umgebungsvibrationen, thermische Ausdehnung oder komplexe Geometrien erschweren es, Prüfvorrichtungen mit fehlerfrei reproduzierbaren Ergebnissen herzustellen. Selbst kleinste Abweichungen in der Werkstückpositionierung können zu signifikanten Messfehlern führen. Daher ist es entscheidend, geeignete Maßnahmen zur Minimierung dieser Einflüsse zu ergreifen. Neben präzisen Spannsystemen und definierten Bezugskanten spielt auch der Einsatz spezieller Dämpfungsmaterialien eine wichtige Rolle. Auch der Bedienereinfluss, etwa durch manuelles Einlegen der Werkstücke, kann zu ungewollten Lagefehlern führen, wenn keine standardisierten Anschläge oder Führungen vorhanden sind. Um diese Einflüsse zu minimieren, sind automatisierte Spannsysteme und definierte Bezugskanten besonders effektiv.

Komponenten zur präzisen Positionierung

Für eine genaue und wiederholbare Werkstückpositionierung stehen eine Vielzahl von mechanischen, pneumatischen, hydraulischen und sensorischen Elementen zur Verfügung, welche ja nach Bedarf und Prüfvorrichtung verwendet werden:

  • Positionierstifte
  • Winkel, Winkelplatten und Passscheiben
  • Anschlagbolzen und Blöcke
  • Linearführungen und Positionierungseinheiten
  • Näherungssensoren, Sensorschienen und Sensorplatten

Einige der Positionierungselemente werden nachfolgend im Detail beschrieben.

Positionierstifte

Positionierstifte dienen der exakten Fixierung von Werkstücken oder Bauteilen in Vorrichtungen und gewährleisten eine wiederholgenaue Platzierung. Sie sind teils standardisiert, z. B. NAAMS, in verschiedenen Abmessungen und Ausführungen sowie unterschiedlichen Materialien erhältlich. Einen detaillierten Einblick in die Welt der Stiftverbindung erhalten Sie in unserem Beitrag Stiftverbindung - Bauteile mit Zylinderstiften verbinden - Vorgehensweise / Fehler. Alternativ können auch Passschrauben verwendet werden.

Positionierstifte / Aufnahmebolzen mit verschiedenen Kopfformen
Positionierstifte / Aufnahmebolzen mit verschiedenen Kopfformen
Anwendungsbeispiel: Kombination rautenförmiger mit rundem Positionierstift
Kombination unterschiedlicher Formen

Anwendungsbeispiel: rautenförmiger Positionierstift

(1) = rautenförmiger Positionierstift
(2) = runder Positionierstift

Die Kombination eines rautenförmigen Positionierstiftes mit einem runden Positionierstift bietet mehrere Vorteile. Während die Position in Richtung A absolut fixiert ist lässt die Rautenform des zweiten Positionierstiftes in Richtung B etwas Spiel. Thermische Ausdehnung und Fehler im Abstand der Befestigungsbohrungen können so ausgeglichen werden.

Der runde Kopf vermeidet Schäden an den Verbindungsteilen.
Der runde Kopf vermeidet Schäden an den Verbindungsteilen.

Anwendungsbeispiel: runder Positionierstift mit Rundkopf

Die runde Form des Stiftes lässt keine waagerechte Bewegung des Werkstücks zu. Gleichzeitig ermöglicht der runde Kopf eine einfache Platzierung und reduziert das Risiko der Beschädigung beim Platzieren und Entfernen des Werkstücks.

Linearführungen

Linearführungen ermöglichen präzise, reibungsarme Bewegungen von Werkstücken oder Werkzeugen entlang definierter Achsen und sind essenziell für die genaue Positionierung in Bearbeitungsprozessen. Sie bestehen aus Führungsschienen und passenden Laufwagen, die durch Wälzkörper wie Kugeln oder Rollen unterstützt werden, um eine hohe Tragfähigkeit und Steifigkeit zu gewährleisten. In Positioniervorrichtungen sorgen Linearführungen für wiederholgenaue Bewegungsabläufe. Ziehen Sie gern auch unsere Auswahlhilfe zu Linearführungen zurate.

Näherungssensoren

Mithilfe von Näherungssensoren kann die Anwesenheit oder Position eines Werkstücks erkannt werden, ohne dass ein direkter Kontakt erfolgen muss. Induktive Sensoren erkennen metallische Objekte durch Veränderungen im elektromagnetischen Feld, während kapazitive Sensoren auch nicht metallische Materialien detektieren können. Näherungssensoren überprüfen die korrekte Lage von Werkstücken, wodurch Fehlpositionierungen vermieden werden. Weitere Informationen erhalten Sie im Beitrag Näherungsschalter vs. Endschalter - Unterschiede und Einsatzgebiete.

Stelltische

Stelltische bzw. Positioniertische bilden das Grundgerüst einer Positioniervorrichtung. Sie sind mechanische Einheiten mit Führungen, Klammern und anderen Befestigungs- oder Vorschubmechanismen und dienen als stabile Plattform zur Ausrichtung und Platzierung von Werkstücken. Um die XY-Achse mit den Positioniertischen abbilden zu können, werden entweder zwei Einheiten oder ein Positioniertisch für XY-Achsen benötigt. Bei gewünschter Höheneinstellung empfiehlt sich die Verwendung eines Z-Achsentisches. Auch sind Positioniertische in X,Z Richtung und X,Y,Z Richtung verfügbar.

Für mehr Informationen zu Positioniertischen lesen Sie gern auch unseren Beitrag Manuelle Positioniereinheiten - Präzision auf kleinem Raum.

Beispiel für einen Stelltisch
Beispiel für einen Stelltisch

Einspannen von Werkstücken mit Spannmitteln

Mithilfe von Spannmitteln lassen sich Werkstücke sicher in der Vorrichtung aufspannen. Spannmittel reichen von einfachen Kniehebelspannern bis zu komplexeren Präzisionsspannmitteln wie magnetischen Winkelfixierern. Welches Spannmittel sich am besten eignet, richtet sich nach dem Bearbeitungsprozess. Beim Drehen werden z.B. Dreibackenfutter, Planscheiben oder Spannzangen verwendet. Beim Fräsen empfiehlt sich der Einsatz von magnetischen, hydraulischen oder mechanischen Spannmitteln (wie Spannzangen oder Schraubstöcke). Nachfolgend werden drei Spannmittel im Detail vorgestellt.

Ein magnetischer Winkelfixierer, auch Schweißwinkel genannt, wird verwendet, um zwei magnetische Metallteile in einem definierten Winkel - meist 90° oder 45° - sicher zu fixieren, beispielsweise beim Schweißen oder Heften. Neben starren Ausführungen mit festen Winkeln gibt es auch verstellbare Modelle für flexibel einstellbare Winkelbereiche. Je nach Anwendung sind Varianten mit glatten Flächen für Bleche oder mit Aussparungen für Rohre und Rundprofile erhältlich. Die starke Magnetkraft sorgt für eine zuverlässige Fixierung, auch ohne mechanische Spannmittel.

Ein Kniehebelspanner ist ein Spannwerkzeug, das mithilfe eines Hebelmechanismus Werkstücke sicher fixiert und dabei eine hohe Spannkraft erzeugt (näheres in unserem Beitrag). Ein Kniehebel besteht aus mehreren gelenkig verbundenen Hebeln und dient der Kraftumsetzung nach dem Hebelgesetz. Um die Oberfläche der Werkstücke zu schonen, werden mehrheitlich Andrückschrauben verwendet. Bei MISUMI gibt es verschiedene Werkzeugspanner im Angebot.

Beispiel für einen Spannhebel
Beispiel für einen Spannhebel

Ein Aufspannwinkel ist ein präzisionsgeschliffenes Hilfsmittel aus Metall, das verwendet wird, um ein Werkstück lotrecht zur Grundfläche zu fixieren. Seine rechtwinkligen Flächen und zusätzlichen Befestigungsmöglichkeiten wie T-Nuten oder Spannschlitze ermöglichen eine stabile und wiederholgenaue Positionierung. Er kommt vor allem an Fräs-, Bohr- und Koordinatenmessmaschinen sowie Anreißtischen zum Einsatz. Dort dient er dazu, Werkstücke exakt auszurichten und sicher zu spannen - sei es für die Bearbeitung, Messung oder Vorbereitung.

Werkstück richtig einspannen

Eine sichere Werkstückspannung ist entscheidend für reproduzierbare und aussagekräftige Prüfergebnisse. Schon kleinste Lageabweichungen können Messfehler verursachen. Nur eine stabile Fixierung garantiert eine gleichbleibende Prüfqualität. Folgende Überlegungen sind bei der Wahl des Spannmittels wichtig:

  • Art der Prüfung definieren: Die Anforderungen variieren nach Prüfart, z.B. kontaktlose, optische Prüfungen oder taktile Messverfahren. Bei kontaktlosen Prüfungen ist mitunter eine reflexionsarme, freiliegende Oberfläche wichtiger als die Klemmkraft, während taktile Messverfahren auf eine starke Fixierung des Werkstücks angewiesen sind. Weiterführende Informationen zu Messverfahren finden Sie hier.
  • Wiederholgenauigkeit sicherstellen: Führungen, Anschläge und mechanische Referenzpunkte helfen dabei, das Werkstück immer in identischer Lage zu positionieren.
  • Einflüsse von Vibrationen reduzieren: Durch den Einsatz geeigneter Dämpfungsmaterialien können Umgebungserschütterungen abgeschirmt werden. Mehr dazu im Beitrag Eigenschaften von Dämpfungsmaterialien und deren Verwendung.
  • Kompatibilität der Messgeräte beachten: Das Spannsystem darf den Messablauf nicht beeinträchtigen.

Kalibrierung und Positionierungsprüfung

Die Kalibrierung in der Messtechnik dient dazu, die Messgenauigkeit eines Messgeräts oder Messsystems durch den Vergleich mit einem rückführbaren Referenznormal festzustellen. Sie ist entscheidend für verlässliche, reproduzierbare Messwerte, die in der Qualitätssicherung und Fertigung benötigt werden. Ergänzend zur Kalibrierung ist auch die Positionierungsüberprüfung wichtig: Dabei wird kontrolliert, ob das Werkstück innerhalb der Vorrichtung (wiederhol-) genau in der vorgesehenen Lage positioniert ist. Bereits geringe Abweichungen in der Lage können zu Messfehlern führen, selbst wenn das Messgerät korrekt kalibriert ist. Daher ist die Kombination aus Kalibrierung des Messsystems und Validierung der Werkstückpositionierung unerlässlich für präzise und nachvollziehbare Messergebnisse.